Steuerliche Behandlung von Biogasanlagen mit einem Blockheizkraftwerk
Die steuerliche Behandlung einer unentgeltlichen bzw. verbilligten Abgabe von Wärme bei einer Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk ist immer wieder Thema in der täglichen Besteuerungspraxis. Wir bringen Sie auf den neuesten Stand, was die Ertragsbesteuerung und die Umsatzsteuer angeht.
Eine Biogasanlage dient der Erzeugung von Biogas aus Biomasse. Hierzu werden verschiedene Rohstoffe (z. B. Mais, Bioabfall, Gülle, Klärschlamm, Fette oder Pflanzen) in einen luftdicht verschlossenen Fermenter eingebracht. Dort entsteht durch Gär- oder Fäulnisprozesse Biogas. Das gewonnene Gas wird in der Regel zur dezentralen Strom- und Wärmeerzeugung in einem Blockheizkraftwerk genutzt. Als Nebenprodukt fällt bei der Biogasproduktion Gär- oder Restsubstrat an, welches als Dünger verwendet werden kann. Dieses nehmen im Regelfall die anliefernden Landwirte ab. Es ist jedoch auch möglich, dass es vom Betreiber der Biogasanlage an Dritte veräußert oder diesen unentgeltlich überlassen wird.
Nach dem Einkommensteuergesetz sind Entnahmen „alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat“.
Wärme wird mit dem Inverkehrbringen (Verbrauch im eigenen Haushalt oder Lieferung über Wärmezähler) ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut.
Die steuerliche Behandlung der Wärme ist davon abhängig für welchen Zweck diese verwendet wird.
1. Nutzung der Wärme für eigene private Zwecke
Soweit der Steuerpflichtige die produzierte Wärme für seinen eigenen privaten Haushalt verwendet, liegt eine Entnahme vor.
Tipp: Eine Entnahme liegt zwar auch dann vor, wenn die produzierte Wärme vom Steuerpflichtigen in einer vermieteten Immobilie verwendet wird. Der Entnahmewert kann in diesem Fall jedoch regelmäßig als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesetzt werden.
Die Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind mit dem Teilwert anzusetzen. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Maßgeblich ist danach der Wert, den das einzelne Wirtschaftsgut als „Teil“ der wirtschaftlichen Einheit hat. Der Teilwert eines Wirtschaftsguts kann daher letztlich nur durch eine Schätzung ermittelt werden. Maßgebender Zeitpunkt für die Schätzung des Teilwerts ist der Zeitpunkt der Entnahme (Lieferung/Verbrauch der Wärme), Eine Jahres-Durchschnitts-Betrachtung ist nicht zulässig.
Ausgangsbasis für die Teilwertermittlung sind die Herstellungskosten für die Wärme. Es ist jedoch nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch zu berücksichtigen, wenn sich für das Wirtschaftsgut ein niedrigerer Marktpreis gebildet hat.
Für die Ermittlung der Herstellungskosten ist davon auszugehen, dass sich die Kosten gleichmäßig auf den produzierten Strom und die produzierte Wärme aufteilen (sog. energetische Methode). Sofern Wärme entgeltlich an Dritte geliefert wird, ist zunächst zu prüfen, ob es sich um eine fremdübliche Vereinbarung handelt. Sofern dies zu bejahen ist, kann der vereinbarte Preis grundsätzlich als Marktpreis angesehen werden.
Wird die selbst erzeugte Wärme für nichtunternehmerische Zwecke (privates Wohnhaus) verwendet, liegt umsatzsteuerlich eine unentgeltliche Wertabgabe vor. Die dabei entstehende Umsatzsteuer darf den Gewinn nicht mindern. Die Entnahme ist daher um die entstehende Umsatzsteuer zu erhöhen.
2. Nutzung der Wärme in einem anderen Betrieb
Soweit die Wärme in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen verwendet wird, handelt es sich um eine Überführung bzw. Übertragung. Die Entnahme der Wärme ist in diesem Fall zwingend mit dem Buchwert zu bewerten. Der Buchwert ermittelt sich aus den Selbstkosten für die im Wirtschaftsjahr produzierte Wärme. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die Kosten gleichmäßig auf den produzierten Strom und die produzierte Wärme aufteilen (sog. energetische Methode).
Die überführte bzw. übertragene Wärme führt in dem Betrieb, in dem sie verbraucht wird, zu einem entsprechenden Aufwand.
Soweit bei den Übertragungsvorgängen Umsatzsteuer (unentgeltliche Wertabgabe) entsteht, darf diese den Gewinn nicht mindern. Die entstehende Umsatzsteuer ist als Entnahme beim abgebenden Betrieb (Biogasanlage) und als Aufwandseinlage beim aufnehmenden Betrieb zu behandeln.
3. Nutzung der Wärme durch Dritte
Nach einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist im konkreten Einzelfall zu entscheiden, ob in Fällen einer unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe von (Ab-)Wärme beim Betrieb von Biogasanlagen mit Blockheizkraftwerk an Dritte eine Entnahme vorliegt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Abgabe betrieblich veranlasst ist.
Tipp: Es besteht eine (widerlegbare) Vermutung, dass unter fremden Dritten marktübliche Konditionen vereinbart werden oder zumindest betriebliche Gründe für die Höhe der Vergütung (ggf. auch ohne Vergütung) vorliegen. Dann ist eine Entnahme zu verneinen.
Es ist zwischen folgenden Fallkonstellationen zu unterscheiden.
3.1. Übertragung an fremde Dritte
Sofern die Wärme an einen fremden Dritten unentgeltlich oder verbilligt übertragen wird, spricht die widerlegbare Vermutung dafür, dass es sich um marktübliche Konditionen handelt und somit insoweit kein Entnahmetatbestand vorliegt. Die Vermutung gilt jedoch als widerlegt, wenn gleichzeitig Wärme an einen anderen zu einem höheren Entgelt geliefert wird. In diesem Fall obliegt es dem Steuerpflichtigen nachzuweisen, dass betriebliche Gründe für die unentgeltliche oder verbilligte Übertragung vorliegen. Gelingt dieser Nachweis nicht, liegt für den unentgeltlichen Teil der Übertragung eine Entnahme vor. Diese ist mit dem Teilwert zu bewerten.
Grundsätzlich darf eine dabei ggf. entstehende Umsatzsteuer aufgrund einer unentgeltlichen Wertabgabe den Gewinn nicht mindern. Soweit ertragsteuerlich eine Entnahme anzusetzen ist, erhöht die Umsatzsteuer diese. Soweit ertragsteuerlich jedoch keine Entnahme anzusetzen sein sollte (da ein betrieblicher Grund für die unentgeltliche oder verbilligte Übertragung vorliegt), ist die entstehende Umsatzsteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig.
3.2. Übertragung an nahestehende Personen
Sofern die Wärme an eine nahestehende Person unentgeltlich oder verbilligt übertragen wird, spricht die widerlegbare Vermutung dafür, dass es sich nicht um marktübliche Konditionen handelt und somit insoweit der Entnahmetatbestand erfüllt ist („andere betriebsfremde Zwecke“).
Tipp: Der Steuerpflichtige kann jedoch nachweisen, dass betriebliche Gründe für die unentgeltliche oder verbilligte Übertragung vorliegen.
Sofern daneben aber auch noch Wärme an eine andere Person zu einem höheren Entgelt geliefert wird, dürfte allerdings regelmäßig der Entnahmetatbestand erfüllt sein. Die Entnahme ist mit dem Teilwert zu bewerten.
Bei einer unentgeltlichen Überlassung ist zu prüfen, ob eine unentgeltliche Wertabgabe im umsatzsteuerlichen Sinne vorliegt. Bei einer verbilligten Überlassung ist umsatzsteuerlich die Mindestbemessungsgrundlage zu prüfen. Soweit ertragsteuerlich eine Entnahme anzusetzen ist, darf die dabei ggf. entstehende Umsatzsteuer den Gewinn nicht mindern. Die Entnahme ist entsprechend zu erhöhen.
Tipp: Soweit ertragsteuerlich jedoch keine Entnahme anzusetzen sein sollte (da ein betrieblicher Grund für die unentgeltliche oder verbilligte Übertragung vorliegt), ist die ggf. dennoch entstehende Umsatzsteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig.
Umsatzsteuerliche Beurteilung der Lieferung der Biomasse und der Abgabe des Gärsubstrats
Übergibt ein Landwirt dem Betreiber einer Biogasanlage aufgrund einer zwischen beiden geschlossenen Vereinbarung Biomasse und steht von vornherein fest, dass der Abnehmer einen Teil der übergebenen Biomasse wieder zurückgeben muss, beschränkt sich der wesentliche wirtschaftliche Zweck der Lieferung auf das dem Abnehmer nach dem Inhalt der Leistungsvereinbarungen verbleibende Biogas. Der daraus resultierenden Annahme einer Gehaltslieferung steht die Nämlichkeit im Sinne einer bloßen Trennbarkeit der Inhaltsstoffe nicht entgegen, weil entscheidend ist, dass das Biogas aus den Pflanzensubstraten selbst gewonnen wird.
Liegt keine solche mit der Lieferung der Biomasse verbundene Rückgabevereinbarung vor, können bei der Abgabe des Gärsubstrats an den Landwirt ein Tauschumsatz in Form einer Lieferung von Biomasse gegen Lieferung von Gärsubstrat und Baraufgabe, ein tauschähnlicher Umsatz im Rahmen einer Entsorgungsleistung gegen Lieferung werthaltigen Abfalls und Baraufgabe oder eine reine Entsorgungsleistung vorliegen. Gibt der Biogasanlagenbetreiber das Gärsubstrat an Dritte ab, liegen je nach Sachverhalt entweder eine entgeltliche Lieferung oder eine unentgeltliche Wertabgabe vor.
Tipp: Von einem wirtschaftlichen Wert des Gärsubstrats ist nur dann auszugehen, wenn es sich dabei um ein in der Region nachweislich gegen Entgelt handelbares Gut handelt.
Die Umsätze aus einer Biogasanlage unterliegen der Regelbesteuerung, weil sowohl die Herstellung von ungereinigtem oder gereinigtem Biogas als auch die Erzeugung von Energie für Zwecke der Umsatzsteuer nicht im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft erfolgen. Dies gilt auch, wenn die Biogasanlage Teil eines land- und forstwirtschaftlich pauschalierenden Haupt- oder Nebenbetriebs ist.
Tipp: Die Lieferung von düngemittelfähigem Substrat aus pflanzlichen und tierischen Rückständen unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Die Lieferung von Pflanzenerde unterliegt hingegen – auch wenn sie unter Beimischung des Substrats hergestellt wird – dem allgemeinen Steuersatz.
Liefert ein pauschalierender Landwirt die selbst erzeugte Biomasse an die Biogasanlage, unterliegt diese Lieferung dem Durchschnittssteuersatz.
Eine Entsorgungsleistung des Landwirts ist mangels Ermäßigungsvorschrift mit dem allgemeinen Steuersatz zu besteuern.
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