Steuerliche Erleichterungen bei Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine
Zur Anerkennung des gesamtgesellschaftlichen Engagements bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine hat das Bundesfinanzministerium (BMF) zahlreiche steuerliche Erleichterungen auf den Weg gebracht. Sie gelten für Maßnahmen, die vom 24. Februar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 durchgeführt werden.
Kein Abzug als Spenden bei Unterbringung durch Privatpersonen
Das Wichtigste vorweg: Sachspenden ohne die Zwischenschaltung beispielsweise eines gemeinnützigen Vereins können steuerlich leider nicht zum Abzug als Sonderausgaben gebracht werden. Dies gilt auch, wenn Privatpersonen Unterkünfte unentgeltlich an Kriegsflüchtlinge überlassen.
Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nur ausnahmsweise
Nur sehr eingeschränkt können auch die Aufwendungen für den Unterhalt von Personen, die aus der Ukraine geflohen sind, als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden (zum Beispiel Aufwendungen, die durch die private Unterbringung entstanden sind).
Tipp: Aufwendungen, die Ihnen für den Unterhalt von Personen entstanden sind, die aus der Ukraine geflohen sind, können nur dann als außergewöhnliche Belastung steuerliche Berücksichtigung finden, wenn die Voraussetzungen des § 33a Einkommensteuergesetz vorliegen. Das heißt, Sie haben bedürftige Personen unterhalten, denen Sie gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet sind (zum Beispiel Eltern, Großeltern oder Kinder, für die kein Kindergeldanspruch besteht, nicht aber Geschwister, Tanten und Onkel). In diesen Fällen können Sie Ihre tatsächlichen Aufwendungen für jede unterstützte Person bis zu 9.984 Euro (Höchstbetrag im Jahr 2022) jährlich als außergewöhnliche Belastung geltend machen.
Ist die unterstützte Person Ihnen gegenüber nicht gesetzlich unterhaltsberechtigt, können Sie die Unterhaltsaufwendungen nur dann steuerlich geltend machen, wenn die zum Unterhalt bestimmten inländischen öffentlichen Mittel für diese Person im Hinblick auf Ihre Unterhaltsleistungen gekürzt würden. Dies ist in der Regel bei Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft der Fall.
Weitere Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastung ist zudem unter anderem, dass die von Ihnen unterhaltene Person keine oder nur geringe eigene Einkünfte und Bezüge hat und kein beziehungsweise nur ein geringes Vermögen besitzt.
Sonderregelung bei Alleinerziehenden
Die Aufnahme von volljährigen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine durch Alleinstehende in ihren Haushalt führt im Jahr 2022 aus Billigkeitsgründen nicht zu einer steuerschädlichen Haushaltsgemeinschaft und damit auch nicht zum Wegfall der Steuerklasse II beziehungsweise des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende.
Sonderregelung bei Aufnahme in eigenen Haushalt
Tipp: Wenn Sie von der zuständigen Behörde für die private Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Ihre selbstgenutzte Wohnung im Jahr 2022 eine pauschale Kostenerstattung erhalten, führt diese nicht zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften. Voraussetzung ist jedoch, dass die Pauschale die durchschnittlichen Unterbringungskosten nach einer von der zuständigen Behörde vorgenommenen Kalkulation nicht übersteigt.
Keine Berücksichtigung von fiktiven Vermietungseinkünften
Wenn Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine unentgeltlich Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, fragen sich Steuer-Laien zuweilen: Müssen dann Einkünfte in Höhe der Mieteinnahmen versteuert werden, auf die verzichtet wird?
Dies ist nicht der Fall. Wer keine Miete verlangt, hat auch keine Einnahmen. Das Finanzamt wird keine „fiktiven“ Einnahmen aus Vermietung ansetzen.
Keine Nachteile bei verbilligter Vermietung
Fraglich ist auch, ob es Auswirkungen auf den Werbungskostenabzug hat, wenn eine Wohnung, die eigentlich vermietet werden soll, vorübergehend unentgeltlich oder sehr günstig Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zur Verfügung gestellt wird.
Tipp: Eigentlich hätte die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung einer Mietwohnung zur Folge, dass der Werbungskostenabzug entfällt oder gekürzt würde. Eine vorübergehende unentgeltliche Überlassung einer Mietwohnung an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im Jahr 2022 führt jedoch nicht zu einer Kürzung des Werbungskostenabzugs. Die Vermieter dürfen in diesem Jahr weiterhin ihre vollen Werbungskosten abziehen. Das gilt auch dann, wenn Sie Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine eine Wohnung verbilligt überlassen, unabhängig vom Verhältnis der Höhe der vereinbarten Miete zur ortsüblichen Miete.
Keine Nachteile bei verbilligter Überlassung einer Ferienwohnung
Es hat auch keine nachteiligen steuerlichen Konsequenzen, wenn eine Ferienwohnung, die eigentlich zeitweise oder ganzjährig an wechselnde Feriengäste vermietet wird, vorübergehend und unentgeltlich Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zur Verfügung gestellt wird.
Tipp: Aus der vorübergehenden und unentgeltlichen Überlassung einer Ferienwohnung entstehen Ihnen keine nachteiligen steuerlichen Konsequenzen. Aufgrund der derzeitigen Situation ordnen die Finanzämter für das Jahr 2022 die vorübergehende und unentgeltliche Überlassung einer Ferienwohnung an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine der sogenannten Vermietungszeit zu. Das bedeutet, dass Sie Ihre Werbungskosten, die auf diese Zeiten entfallen, in voller Höhe geltend machen können. Das Finanzamt wird auch keine „fiktiven“ Einnahmen aus Vermietung ansetzen.
Sonderregelung bei Unterbringung durch steuerbegünstigte Körperschaften
Bis zum 31. Dezember 2022 ist die Verwendung von Mitteln zur Unterstützung von im Krieg in der Ukraine Geschädigten ohne Änderung der Satzung möglich. Der Status der Gemeinnützigkeit wird dadurch nicht gefährdet. Es können daher Mittel auch verwendet werden, um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine unentgeltlich in den Räumlichkeiten einer steuerbegünstigten Körperschaft (zum Beispiel gemeinnütziger Verein oder gemeinnützige Stiftunge) unterzubringen. Damit werden regelmäßig mildtätige Zwecke nach § 53 Abgabenordnung verwirklicht.
Wenn die Unterbringung entgeltlich erfolgt (beispielsweise gegen Zahlungen von staatlicher Seite), kann je nach Umfang der Tätigkeit entweder eine ertragsteuerfreie Vermögensverwaltung oder ein begünstigter Zweckbetrieb nach § 68 Nummer 1 Buchstabe c Abgabenordnung vorliegen.
Tipp: Stiftungen müssen hinsichtlich der Zulässigkeit von Tätigkeiten außerhalb des Satzungszwecks zusätzlich die stiftungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen der Länder beachten.
Sonderregelung bei Unterbringung durch Vermietungsgenossenschaften und Vermietungsvereine
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind von der Körperschaftsteuer befreit Genossenschaften sowie Vereine, soweit sie
- Wohnungen herstellen oder erwerben und sie den Mitgliedern auf Grund eines Mietvertrags oder auf Grund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrags zum Gebrauch überlassen,
- im Zusammenhang mit einer Tätigkeit im Sinne des Buchstabens a Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen herstellen oder erwerben und sie betreiben, wenn sie überwiegend für Mitglieder bestimmt sind und der Betrieb durch die Genossenschaft oder den Verein notwendig ist.
Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den vorgehend nicht bezeichneten Tätigkeiten zehn Prozent der gesamten Einnahmen übersteigen.
Für diese Fälle gibt es eine Sonderregelung der Finanzverwaltung bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Danach bleiben bei Vermietungsgenossenschaften und Vermietungsvereinen aus Billigkeitsgürden bis zum 31. Dezember 2022 Einnahmen aus der Wohnraumerlassung an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die keine Mitglieder der Vermietungsgenossenschaft bzw. des Vermietungsvereins sind, bei der Berechnung der Zehn-Prozent Grenze des § 5 Absatz 1 Nummer 10 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz unberücksichtigt. Diese Einnahmen sind dabei weder bei der Bestimmung der gesamten Einnahmen der Vermietungsgenossenschaft bzw. des Vermietungsvereins, noch der Ermittlung der Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten zu berücksichtigen.
Im Ergebnis führt die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine als Nichtmitglieder bei steuerbefreiten Vermietungsgenossenschaften und Vermietungsvereinen also nicht zum Wegfall der Steuerbefreiung.
Sonderregelung bei Zuordnung zum Betriebsvermögen
Die vorübergehende Nutzungsänderung durch die unentgeltliche Überlassung von Wohnungen, die einem Betriebsvermögen zugeordnet sind, an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine führt nicht zu einer Privatentnahme der Wohnungen, sodass ein Betriebsausgabenabzug weiterhin möglich ist.
Eine Nutzungsentnahme für die vorübergehende unentgeltliche Wohnungsüberlassung muss zudem nicht angesetzt werden, wenn es sich um einersogenannte Sponsoring-Maßnahme handelt.
Sonderregelungen bei der Umsatzsteuer
Hinsichtlich der Umsatzsteuer wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a Umsatzsteuergesetz im Billigkeitswege ebenfalls abgesehen, wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren (Hotelzimmer, Ferienwohnungen oder Ähnliches), unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die aufgrund des Kriegs in der Ukraine geflüchtet sind. Beabsichtigen diese Unternehmer bereits bei Bezug von Nebenleistungen (Strom, Wasser oder Ähnliches) eine entsprechende unentgeltliche Beherbergung, wird ausnahmsweise unter den oben genannten Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15 Umsatzsteuergesetz zusätzlich im Billigkeitswege ein entsprechender Vorsteuerabzug gewährt.
Nutzungsänderungen von unternehmerisch genutzten Räumlichkeiten der öffentlichen Hand führen ausnahmsweise bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine nicht zu umsatzsteuerlichen Konsequenzen.
Bei Nutzungsänderungen von Räumlichkeiten von Unternehmen der öffentlichen Hand wird gemäß § 163 Abgabenordnung aus sachlichen Billigkeitsgründen von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Absatz 9a Umsatzsteuergesetz und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a Umsatzsteuergesetz abgesehen, wenn und soweit die Nutzungsänderung in einer unentgeltlichen Nutzung zur Bewältigung der Auswirkungen und Folgen des Kriegs in der Ukraine begründet ist. Diese Regelung ist auch auf Vorsteuern aus laufenden Kosten anzuwenden.
Tipp: Diese Billigkeitsregelung ist auf in privater Rechtsform betriebene Unternehmen der öffentlichen Hand entsprechend anzuwenden.
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