Dem Steuerabzugsverfahren nach § 50a des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen bestimmte beschränkt steuerpflichtige Einkünfte ausländischer Vergütungsgläubiger. Das gilt insb. für Einkünfte, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen sowie deren inländische Verwertung erzielt werden. Aber auch bei inländischen Einkünften von ausländischen Lizenzgebern und Aufsichtsräten greift der Steuerabzug.
Die zumeist inländischen Schuldner (z. B. Konzertagenturen, Veranstalter, Lizenznehmer) sind dazu verpflichtet, von ihren gezahlten Vergütungen an die ausländischen Gläubiger (z. B. Antrittsgelder, Honorare, Preisgelder, Vergütungen für die Teilnahme an Talkshows) Steuern einzubehalten, diese anzumelden und abzuführen. Das Verfahren ist vergleichbar mit dem Lohnsteuerabzug, bei dem Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer Steuern einbehalten und abführen müssen.
Das Steuerabzugsverfahren greift bei beschränkt steuerpflichtigen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Tipp: Ist es zweifelhaft, ob der Empfänger beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtig ist, darf der Schuldner die Einbehaltung der Steuer nur unterlassen, wenn der Empfänger durch eine Bescheinigung des für die Besteuerung seines Einkommens zuständigen Finanzamts nachweist, dass er unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Die Steuer entsteht zu dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung dem Leistungserbringer (und Gläubiger der Vergütung) zufließt. Das gilt auch bei der Gewährung von Vorschüssen. Mit Entstehung der Steuer – also bereits bei der Zahlung – hat der Leistungsempfänger (und Schuldner der Vergütung) den Steuerabzug vorzunehmen. Der Steuerabzug erfolgt auf Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers der Vergütung, dieser ist Steuerschuldner.
Der Schuldner der Vergütung hat grds. die innerhalb eines Kalendervierteljahrs einbehaltene Steuer unter Angabe des Verwendungszwecks bis zum 10. des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats elektronisch über das ElsterOnline-Portal oder das Online-Portal beim BZSt anzumelden und an das BZSt abzuführen.
Zur Abgabe der Steueranmeldungen eine Steuernummer des BZSt benötigt. Diese kann online im Formular-Management-System (FMS) der Bundesfinanzverwaltung unter www.formulare-bfinv.de beantragt werden.
Für die Anmeldung des Steuerabzugs bei Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige gibt es einen speziellen Vordruck ‘StAb‘. Anzugeben sind der Empfänger der Vergütung, die Höhe der Vergütung, die Höhe und Art der von der Bemessungsgrundlage des Steuerabzugs abgezogenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten und die Höhe des Steuerabzugs.
Tipp: Auf Antrag kann das BZSt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. In diesem Fall ist die auf Papier abgegebene Steueranmeldung vom Schuldner oder von einem zu seiner Vertretung Berechtigten zu unterschreiben.
Der Schuldner der Vergütung ist verpflichtet, dem Gläubiger auf Verlangen die folgenden Angaben zu bescheinigen: den Namen und die Anschrift des Gläubigers, die Art der Tätigkeit, die Höhe der Vergütung in Euro, den Zahlungstag und den Betrag der einbehaltenen und abgeführten Steuer. Der Gläubiger kann die vom Schuldner ausgestellte Steuerbescheinigung seiner zuständigen Steuerbehörde zusammen mit seinem Erstattungsantrag bzw. seiner Steuererklärung vorlegen. Eine Bestätigung der Angaben in der Steuerbescheinigung durch das BZSt oder andere Finanzbehörden ist gesetzlich nicht vorgesehen und wird vom BZSt auch nicht vorgenommen.
Dem Steuerabzug unterliegen die Einnahmen oder auf Antrag die Nettoeinnahmen. Bei steuerpflichtigen Umsätzen, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet, ist die Umsatzsteuer nicht als Einnahme zu erfassen.
Bei einer Nettovereinbarung führt die Übernahme der Steuern beim Empfänger der Vergütung zu zusätzlichen Einnahmen, die ebenfalls dem Steuerabzug unterliegen.
Tipp: Vom Schuldner der Vergütung ersetzte oder übernommene Reisekosten gehören nur insoweit zu den Einnahmen, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die steuerlichen Pauschbeträge übersteigen.
Der Steuersatz beträgt grds. 15 % der vereinbarten Bruttovergütung zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag (soweit keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden). Für Aufsichtsratsvergütungen beträgt der Steuersatz 30 % zzgl. 5,5 % Soli. Bei einer Nettovereinbarung sind es 17,82 % bzw. 43,89 %.
Auf Antrag kann der Schuldner der Vergütung die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten von den Einnahmen abziehen. Das gilt zum einen dann, wenn ihm ein beschränkt Steuerpflichtiger diese in einer für das BZSt nachprüfbaren Form nachgewiesen hat. Und zum anderen, wenn der Schuldner der Vergütung die Betriebsausgaben oder Werbungskosten übernommen hat.
Voraussetzung für die Berücksichtigung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist, dass der beschränkt Steuerpflichtige Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (EU) oder eines anderen Staates ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet, und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies gilt entsprechend bei einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse
In diesen Fällen ist eine höhere Steuer einzubehalten, wenn der Gläubiger der Vergütung eine natürliche Person ist. Der Steuerabzug von den nach Abzug der Betriebsausgaben oder Werbungskosten verbleibenden Einnahmen (Nettoeinnahmen) beträgt dann 30 %. Ist der Gläubiger der Vergütung hingegen eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, verbleibt es bei 15 %.
Eine Darbietung liegt vor, wenn etwas aufgeführt, gezeigt oder vorgeführt wird, z. B. Ausstellungen, Konzerte, Theateraufführungen, Shows, Turniere oder Wettkämpfe. Dabei kommt es weniger auf den Status des Vergütungsgläubigers als Künstler, Sportler oder Artist an, als vielmehr auf den unterhaltenden Charakter der Darbietung. Der Begriff Darbietung ist weit zu verstehen. Auch nichtöffentliche Auftritte und Studioaufnahmen für Film, Funk, Fernsehen oder zur Herstellung von Bild- und Tonträgern fallen hierunter. Zu den unterhaltenden Darbietungen gehören z. B. Talkshows, Quizsendungen, besonders choreographisch gestaltete Modenschauen sowie Feuerwerke und Lasershows.
Tipp: Wissenschaftliche Vorträge und Seminare zählen hingegen nicht dazu.
Zu erfassen sind auch Einkünfte aus anderen mit den Darbietungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einkünfte zufließen. Etwa Entgelte aus Werbeeinnahmen, Ausrüstungsverträgen, Autogrammstunden, die im Zusammenhang mit der Darbietung stehen.
Unerheblich ist, welcher Einkunftsart die Darbietung zuzuordnen ist. Neben der gewerblichen Darbietung werden auch Darbietungen im Rahmen einer freiberuflichen oder nichtselbständigen Tätigkeit oder als sonstige Leistung erfasst. Dies gilt jedoch nicht, soweit die Einkünfte dem Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) unterliegen.
Bei Einkünften, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, wird ein Steuerabzug nicht erhoben, sofern die Einnahmen je Darbietung 250 € nicht übersteigen.
Unter dem Begriff Darbietung ist dabei der einzelne Auftritt zu verstehen. Werden an einem Tag mehrere Auftritte durchgeführt, gilt die sog. Milderungsregelung für jeden Auftritt. Sie ist aber nur auf die unmittelbaren Einnahmen aus inländischen Darbietungen anzuwenden. Einnahmen aus der Verwertung der Darbietungen fallen nicht darunter.
Tipp: Sind Gläubiger der Vergütung für eine Darbietung mehrere Personen (z. B. bei einer Band), ist die Freigrenze für jede Person auf die auf sie entfallende Vergütung anzuwenden. Ist eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft Gläubiger der Vergütung (z. B. ein Fußballverein, Chor, Symphonieorchester, Künstlerverleihfirma), erzielt diese allerdings als juristische Person die Einkünfte aus der Darbietung. Eine Aufteilung der Vergütung auf die beteiligten Künstler oder Sportler ist in diesem Falle nicht möglich.
Der ausländische Vergütungsgläubiger kann einen Antrag auf Erstattung der Abzugsteuer stellen, die ein Vergütungsschuldner für ihn einbehalten und abgeführt hat. Voraussetzung dafür ist, dass das jeweils einschlägige DBA die Vergütungen von der deutschen Besteuerung ganz oder teilweise freistellt.
Tipp: Alternativ kann der Vergütungsgläubiger bereits vor Zahlung der Vergütung einen Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung stellen. Liegt dem Vergütungsschuldner bei Zahlung der Vergütung eine solche Bescheinigung vor, muss er erst gar keine Steuern oder nur zu einem geringeren Steuersatz einbehalten.
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