Sicherheitsleistung
Dr.Tobias Busch
Mängelgewährleistung versus Sicherheitsleistung im privaten Baurecht.
Das private Baurecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) behandelte viele Bauunternehmer und Bauhandwerker über Jahrzehnte mit Blick auf die Besicherungsmöglichkeiten ihrer Forderungen nur stiefmütterlich. Erst mit § 648 a BGB wurde der Werkleistende im Jahre 2009 als schützenswertes Wesen entdeckt.
Bis dahin war mit einer Handwerkersicherungshypothek (auf einstweiligem Verfügungsweg in Form einer Vormerkung) nur jener Auftragnehmer geschützt, der seinen Auftrag direkt vom Grundstückseigentümer erhielt. Nun kann nun der Anspruch auf Sicherheitsleistung für die Werklohnforderung gegenüber jedem Auftraggeber, egal ob Generalunternehmer, Hauptauftraggeber, Hausverwalter und so weiter erhoben werden. Dies gilt für Bauhandwerker des Bauhauptgewerbes ebenso wie für jene des Baunebengewerbes oder Architekten, Ingenieure, Garten- und Landschaftsbauer et cetera. Einzige Ausnahmen mit Blick auf die Pflicht zur Sicherheitsleistung sind die Öffentliche Hand und Privatpersonen, die Aufträge für ihr Einfamilienhaus (mit oder ohne Einliegerwohnung) oder ihre Eigentumswohnung vergeben. Hier geht der Gesetzgeber von einer hinreichenden Bonität aus, die ein Sicherungsinteresse hinfällig macht.
Die Sicherheit kann aus einer Hinterlegung, einer Hypothek oder einer Bürgschaft bestehen.
Dieser Anspruch besteht auch noch unmittelbar vor einer Fertigstellung oder Abnahme, nämlich bis zur vollständigen Zahlung. Der Anspruch auf eine Sicherheitsleistung umfasst die gesamte, noch ungesicherte Restforderung, einschließlich Zusatzaufträgen – die streitig sein können – und Nebenforderungen, zum Beispiel Zinsen bis zehn Prozent. Hierunter fällt auch die unverbindliche Auftrags- oder Angebotssumme aus dem Beginn des Vertragsverhältnisses. Vereinbarte Abschlagszahlungen ändern am Anspruch ebenfalls nichts. Lediglich berechtigte Minderungen, Auftragskürzungen oder Abzüge sind zu berücksichtigen. Die Frist zur Beibringung der Sicherheit sollte acht bis zehn Arbeitstage nicht unterschreiten.
Besonders erfreulich ist, dass eine überhöhte Sicherheitsforderung oder eine zu kurze Fristsetzung nicht zu einer Unwirksamkeit der Forderung führt sondern zur Pflicht des Auftraggebers, die korrekte Sicherheit zu leisten. Der Auftragnehmer muss lediglich die Kosten der Sicherheitsleistung, maximal zwei Prozent der Sicherheitssumme an den Besteller erstatten. Soweit die Sicherheit verwertet wird und sie zu hoch ausfiel, ist die Überzahlung zu erstatten und ein eventueller weiterer Finanzierungsschaden vom Auftragnehmer zu ersetzen. Die Verwertung der Sicherheitsleistung ist nach vereinbarter Fälligkeit, spätestens nach Forderungsanerkenntnis oder Titulierung möglich.
Das Inkrafttreten des § 648 a BGB hat zudem erhebliche Auswirkungen auf die zur Verfügung stehenden Vorgehensweisen und die Prozesssituation in den typischen Streitfällen, wenn mit der Fristsetzung die Folgen bereits angedroht werden.
1) Sind noch Restarbeiten offen, kann der Handwerker die sofortige Arbeitseinstellung vornehmen.
Sodann kann er nach § 642 BGB oder § 6 Nr. 6 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B (VOB/B) vorgehen und die angemessene Entschädigung, den Verzögerungsschaden, bei Fremdausführung durch den Auftraggeber auch Schadenersatz (pauschal fünf Prozent) sowie Gewinnausfall geltend machen. Eventuell gilt eine Ausführung der Arbeiten durch einen Dritten dann ebenfalls als Teilkündigung (§ 2 Nr.4 VOB, im Einzelnen streitig).
2) Klarheit schafft man hier durch Kündigung nach Nachfristsetzung zur Sicherheitsleistung mit Kündigungsandrohung.
Danach kann der Bauhandwerker nach § 645 BGB seinen Anspruch auf Vergütung der erbrachten Arbeiten sowie seinen Vertrauensschaden verlangen. Gegebenenfalls geht dies auch mittels einer Pauschale in Höhe von fünf Prozent der nicht mehr ausgeführten Arbeiten. Die vom Gesetzgeber vorgegebene pauschale Lösung ist nicht üppig, trägt aber den Charme zügigen Prozessierens in sich.
3) Der Minderungsfall
Macht der Auftraggeber gegen Ende des Bauvorhabens oder nach Abnahme Mängel geltend und zahlt die letzte Abschlags- oder Schlussrechnung nicht, kann der Bauunternehmer nun immerhin Sicherheitsleistung verlangen. Das wird vor allem jene Besteller treffen, die die Masche vom Einbehalten wegen angeblicher oder deutlich überzogen dargestellter Mängel nutzen wollen, müssen sie nun doch auf die eine oder andere Art in die Tasche greifen.
Bekanntlich umfasst ein Mängeleinbehalt das Recht, auf die Forderung das Dreifache dessen zurück zu halten, was eine Mängelbeseitigung kosten würde. Dies bedeutet bei so manchem Auftrag für den Handwerker den vollständigen Gewinn oder gar mehr. Leistet aber nun der Auftraggeber die geforderte Sicherheit nicht, entfällt das Zurückbehaltungsrecht des Auftraggebers. Es entsteht ein Abrechnungsverhältnis.
Bekanntlich tut zwar so mancher Mitmensch auch Dinge, die er nicht darf, jedoch verbessert das die Prozesssituation bei der Zahlungsklage auf Restwerklohn erheblich. Auch kann die Prozessdauer, die bis zu einer Titulierung des Werklohnes durch Beweisaufnahmen verstreicht, erheblich verkürzt werden, da das Gericht so manches Sachverständigengutachten in dieser Situation gar nicht mehr einholen muss, kommt es doch auf Mängel nicht mehr an. Der redliche Kunde muss sich nicht grämen.
Stellt er Sicherheit, hat er die vollen Zurückbehaltungs-, Minderungs- oder Schadenersatzrechte, je nach konkreter Situation.
Insbesondere kann er bei seinem Rechnungseinbehalt dann auf den komfortablen Faktor Drei seiner geschätzten Mängelbeseitigungskosten zurückgreifen.
Achtung: Umgekehrt läuft das Verlangen nach Sicherheitsleistung ins Leere, sobald der Auftraggeber berechtigterweise Frist gesetzt hat zur Beseitigung von Mängeln oder bereits ein Grund zur Kündigung durch den Auftraggeber aus wichtigem Grund vorlag. Dann bestehen die „Druckrechte“ des Auftraggebers fort.
Wichtig zu wissen ist schließlich, dass das Recht, Sicherheit nach § 648 a BGB zu fordern, nicht ausgeschlossen werden kann. Nicht einmal ein Verzicht kann wirksam vereinbart werden. Der Gesetzgeber hat sich hier schützend vor den Bauhandwerksbetrieb gestellt, der, um zum Zuge zu kommen, keine Schutzvorschriften abbedingen soll.
Über den Autor
Dr. Busch, Störmer, Knüttel Rechtsanwälte
In Kooperation mit Dr. Köhler Patentassessor
Schlossergasse 4
67227
Frankenthal
Zum Profil
Weitere Artikel des Autors (3)
-
Erbrecht
Rechtsanwalt Dr. Tobias Busch
Viele Menschen haben mit einem Testament oder einer anderen Verfügung von Todes wegen ihren Nachlass geregelt, sei es selbst handschriftlich oder notariell. Das ist eine gute Sache.
Weiterlesen
-
Patientenrecht
Rechtsanwalt Dr. Tobias Busch
Berichte in den Medien gibt es über Krankheit und Pflege im Alter viele. Jedermann weiß, dass auch man selbst, vielleicht sogar von einem Moment zum anderen, auf die Hilfe und die Entscheidungen anderer angewiesen sein kann, zur Hilflosigkeit verurteilt sein kann, unselbständig wird.
Weiterlesen
-
Erbrecht
Rechtsanwalt Dr. Tobias Busch
Ein reicher Unternehmer heiratet das Aschenputtel. Der Stoff, aus dem Romane und Filme gewebt werden, sollte auch Normalsterbliche beschäftigen. Die Frage nach dem Güterstand kommt auf.
Weiterlesen
Das könnte Sie auch interessieren:
-
-
-
Möchten Sie Ihr Traumhaus gemeinsam mit einem Architekten verwirklichen? Bitte nicht ohne Architektenvertrag. Lesen Sie hier nach, worauf Sie beim Abschluss des Vertrages achten sollten!
Weiterlesen
-
Die von der HOAI mit umfasste gesetzliche Mindestvergütung darf nur in absoluten Ausnahmefällen unterschritten werden.
Weiterlesen
-
"Barrierefrei" - Zusagen des Bauunternehmers beim Wohnungsbau.
Weiterlesen
-
Derzeit gibt es in Deutschland über 100.000 Standorte für Mobilfunkanlagen.
Weiterlesen
-
Kann die Gemeinde den Bau von Mobilfunkanlagen baurechtlich verhindern?
Weiterlesen
-
Haftung des Architekten, wenn eine ausreichende Dokumentation fehlt.
Weiterlesen
-
Holzschutz wird durch moderne Baumethoden und ökologische Baumaterialien ein immer wichtigeres Thema.
Weiterlesen
-
Spezialisierte Fachbetriebe bieten als Alternative zum Austausch der Trinkwasserleitung die Innenrohrsanierung.
Weiterlesen
-
Der Verarbeiter von textilen Bodenbelägen für einen Klimaboden muss spezifische Gegebenheiten berücksichtigen.
Weiterlesen
-
Fugenbildungen bei Teppichfliesen und deren Ursache.
Weiterlesen
-
Ist Klimaboden eine Modeerscheinung oder ein System der Zukunft?
Weiterlesen
-
In Streit stehen die gegenseitigen Pflichten aus dem Vertrag, der den Erwerb und die Montage einer Einbauküche zum Gegenstand hat.
Weiterlesen
-
Die förmliche Bauabnahme – Einsatz von Bausachverständigen.
Weiterlesen
-
Erstattung von Werklohn im Dreiecksverhältnis.
Weiterlesen
-
Ein Blockheizkraftwerk ist eine modular aufgebaute Anlage zur Gewinnung elektrischer Energie und Wärme.
Weiterlesen
-
Überblick über die Mängelhaftung im Werkvertragsrecht.
Weiterlesen
-
Das Schreckgespenst eines jeden Eigentümers sind Altlasten, denn hinter diesem simplen Begriff steht das Risiko, dass der Boden verseucht sein könnte.
Weiterlesen
-
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit dem Erstattungsanspruch im Werkvertragsrecht beschäftigt, wenn Fremdunternehmen die Nachbesserung übernehmen.
Weiterlesen
-
Immer wieder kommt es vor, dass schon vor einem formellen Rechtsstreit (vom Bauherrn) ein so genanntes Privatgutachten in Auftrag gegeben wird.
Weiterlesen
-
Wer sich ein Haus bauen lässt, wirft natürlich ab und zu einen Blick auf die Baustelle und kann zu jeder Zeit eine Mängelbeseitigung einfordern.
Weiterlesen
-
Die Abnahme von Baumaßnahmen ist der Dreh- und Angelpunkt aller Gewährleistungsansprüche des Bauherrn.
Weiterlesen
-
Streitpunkt Lüften: Vom „Einwohnen" und richtigem Lüftungs- und Heizverhalten.
Weiterlesen
-
Neue Rechte beim Kauf von Baumaterial im Baumarkt.
Weiterlesen
-
Zur Vollmacht eines Verhandlungsführers im Termin zur Erstellung eines Verhandlungsprotokolls nach Abschluss eines Bauvertrages.
Weiterlesen
-
Ein Betonfertigteillieferant beliefert einen Empfänger von Baugeld mit Fertigteilplatten, die dieser in seinem Bauvorhaben einbaut.
Weiterlesen
-
Eine Reihenhausanlage in Berlin steht mit weiteren Häusern der Siedlung unter Denkmalschutz, der sich auf die Spitzdächer bezieht.
Weiterlesen
-
Nicht wenige Häuslebauer finanzieren ihren Traum vom Eigenheim auch mit der Eigenleistung, der so genannten Muskelhypothek.
Weiterlesen
-
Der Bauherr hat das Recht auf eine mangelfreie Immobilie.
Weiterlesen
-
Nicht jeder darf im Verzeichnis aller Grundstücke (Grundbuch) alle beliebigen Daten einsehen.
Weiterlesen
-
Baufirmen sollten eine Bürgschaft beziehungsweise Sicherheiten vertraglich regeln.
Weiterlesen
-
Fertighausanbieter dürfen von ihren Kunden vor Baubeginn eine Bankbürgschaft über den endgültigen Kaufpreis verlangen, soweit dies im Bauvertrag geregelt ist.
Weiterlesen
-
Die Mosaikkunst florierte immer in bestimmten Zeiträumen, daher ist die Entwicklung nicht lückenlos nachvollziehbar.
Weiterlesen
-
Die Abnahme zieht einige wichtige Rechtsfolgen nach sich. Daher ist sie ein zentraler Punkt im Werkvertragsrecht.
Weiterlesen
-
Ein Baumangel alleine ist kein Indiz für ein Organisationsverschulden.
Weiterlesen
-
Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen im hängen gebliebenen Architektenvertrag.
Weiterlesen
-
Eine Vereinbarung, wonach der Pauschalpreis auch den über die detaillierte Leistungsbeschreibung hinausgehenden Leistungsumfang abgelten soll, ist möglich.
Weiterlesen
-
Das Erschließungsbeitragsrecht ist in der Praxis für Grundstückseigentümer aber auch am Erwerb eines Grundstücks Interessierter immer wieder wesentlicher ...
Weiterlesen
-
Bestandsschutz von baulichen Anlagen und Baumaßnahmen bei Änderungen in der Bauordnung.
Weiterlesen
-
Alle reden davon, dass Bauen preiswerter werden muss, Bauberater unterstützen Sie dabei.
Weiterlesen
-
Auf manchen Anlieger kommen mit dem Bescheid über Erschließungsbeiträge hohe Kosten zu. Im Einzelfall kann sich eine Überprüfung durchaus lohnen.
Weiterlesen