Tätige Mithilfe
Verpflichtung zur tätigen Mithilfe?
Stellen Sie sich vor, in der Eigentümerversammlung wird über die steigenden Kosten für Dienstleistungen wie Treppenreinigung, Winterdienst et cetera diskutiert. Daraufhin verpflichtet die Wohnungseigentümergemeinschaft aus Kostengründen alle Wohnungseigentümer mehrheitlich zur Mitarbeit – unabhängig von einer eigenen Bereitschaft. Sie sagen, das geht nicht?
So entschied auch das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in seinem Beschluss vom 23. Juni 2008 – Aktenzeichen: I-3 Wx 77/08. In dem zu Grunde liegenden Sachverhalt beschloss die Gemeinschaft in der Versammlung einen „Laubfegeplan“. Hiernach sollen die Eigentümer in der Zeit vom 1. September bis zum 30. November im wöchentlichen Wechsel selbst den Bürgersteig einschließlich Garagenzufahrten und Vorgarten säubern und das Laub entsorgen. Einer der Wohnungseigentümer erhebt Anfechtungsklage, da er der Verpflichtung aus gesundheitlichen Gründen nicht nachkommen könne. Dies sei unzumutbar.
Nach § 16 Absatz 2 Wohnungseigentumsrecht (WEG) ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandsetzung, Instandhaltung und sonstigen Verwaltung zu tragen.
Eine Verpflichtung, über die Kostenpflicht hinaus auch aktiv bei der Durchführung der Instandhaltung oder Verwaltung in Form der „tätigen Mithilfe“ mitzuwirken, ergibt sich hieraus nicht. Dieses Thema wird regelmäßig relevant bei Tätigkeiten wie Treppenhausreinigung, Winterdienst, Laubfegen und so weiter und ist immer wieder umstritten.
Bei Tätigkeiten wie der Treppenhausreinigung wurde teilweise angenommen, dass die tätige Mithilfe durch Mehrheitsbeschluss bestimmt werden könne, wenn die Maßnahme billigem Ermessen entspreche. Hiervon wurde dann ausgegangen, wenn alle Eigentümer gleichmäßig belastet werden und der Umfang der Arbeiten und der Eigenkosten begrenzt ist. Von einer gleichmäßigen Belastung kann aber bereits dann nicht ausgegangen werden, wenn Wohnungseigentümer zur Reinigung des vor der Wohnung befindlichen Treppenhausbereichs verpflichtet werden, da hierdurch die Erdgeschoßbewohner benachteiligt sind. Im konkreten Einzelfall sind deshalb die Zulässigkeitsvoraussetzungen sehr verschieden und umstritten.
Das OLG Düsseldorf entnimmt dem Gesetz nur eine Verpflichtung, die genannten Kosten zu tragen nicht aber zur aktiven Mitarbeit.
Zu entsprechenden Tätigkeiten können die Wohnungseigentümer nach § 10 Absatz 1 Satz 2 WEG nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer nicht aber durch einen Mehrheitsbeschluss verpflichtet werden. Zum einen werden Aufgaben des Verwalters auf die Eigentümer verlagert. Zudem trifft den Wohnungseigentümer bei Ausführung der Arbeiten ein erhöhtes Haftungsrisiko. Schließlich kann der einzelne Eigentümer für den nur ihn treffenden Teil der Arbeiten nur schwer und mit höheren Kosten einen externen Dienstleister finden. Ob sich für eine übliche Tätigkeit wie die Treppenhausreinigung anderes ergebe als für das Laubfegen, ließ das Gericht offen.
Praxistipp für die tätige Mithilfe
-
Generell verpflichtet § 16 II WEG nur zur Kostentragung nicht aber zur Mitwirkung. Zu einer tätigen Mithilfe kann ein Wohnungseigentümer – von umstrittenen Einzelfällen abgesehen - regelmäßig nur durch eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer nicht aber durch einen Mehrheitsbeschluss verpflichtet werden.
-
Sind sich alle Eigentümer einig, können sie ohne weiteres eine Vereinbarung zur Selbstvornahme treffen. Sind die Meinungen geteilt, sind folgende Regelungen denkbar:
-
Die Arbeiten werden an einen externen Dienstleister vergeben. Einzelne Wohnungseigentümer werden von ihrem Kostenanteil befreit, soweit sie der Gemeinschaft durch persönliche Leistung bestimmte Aufwendungen ersparen.
-
Die Arbeiten werden an einzelne Wohnungseigentümer vergeben, was einer Fremdvergabe gleichsteht. Dann ist aber auch zu klären, in welchem Umfang der beauftragte „Amateur-Dienstleister“ haftpflichtversichert ist und Zahlungen für Unfallhaftpflicht, Lohnsteuern und Sozialversicherung erforderlich werden. Der hierbei entstehende Verwaltungsaufwand ist beachtlich, sodass sich die Frage stellt, ob dies die interne Fremdvergabe rechtfertigt.
Das könnte Sie auch interessieren:
-
-
Adieu, werdende Wohnungseigentümergemeinschaft? Vorsicht beim Kauf einer Eigentumswohnung!
Weiterlesen
-
Häufig kommt es in Wohnungseigentümergemeinschaften zu Streit, weil sich ein Wohnungseigentümer durch Trittschall, der von einer anderen im Haus belegenen Wohnung ausgeht, gestört fühlt. Solche Situationen entstehen häufig dann, wenn ein Eigentümer beschließt, die Bodenbeläge in seiner Wohnung auszutauschen.
Weiterlesen
-
Der Gesetzgeber krempelt das bewährte Wohnungseigentumsrecht umfassend um. In der Tendenz werden die gesellschaftsrechtlichen Elemente gestärkt, die eigentumsrechtlichen Komponenten geschwächt.
Weiterlesen
-
Nach deutschem Wohnungseigentumsrecht ist das Sondernutzungsrecht die Befugnis, bestimmte Teile des zu einer Immobilie zählenden Gemeinschaftseigentums alleine zu nutzen. Alle anderen Wohnungseigentümer sind dabei von der (Mit-)Nutzung ausgeschlossen.
Weiterlesen
-
Wie wird eine bauliche Veränderung im WEG-Recht gehandhabt? Welche Maßnahmen werden unterschieden?
Weiterlesen
-
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann es mit den vielen juristischen Begriffen kompliziert werden. Häufig wissen Wohnungseigentümer nicht, was zum Gemeinschaftseigentum und was zum Sondereigentum gehört. Außerdem ist oft unklar, was genau ein Sondernutzungsrechts ist.
Weiterlesen
-
Gartenpflege - auch einfache Sachverhalte können kompliziert sein...oder werden. Es kommt nur auf die handelnden Personen und deren "guten" Willen an. Über allem steht das WEG!
Weiterlesen
-
Kommt es zu Umbauarbeiten innerhalb einer Wohnungseigentumsanlage, so stellen sich immer wieder Fragen nach dem Schallschutz.
Weiterlesen
-
Immer wieder stellt sich in der Praxis das Problem, was zu tun ist, wenn Mängel am Wohnungseigentum festgestellt werden und folgende Fragen geklärt werden müssen: Tipps für Wohnungseigentümer
Weiterlesen
-
Sinn und Zweck der WEG-Abrechnung ist es, die Einnahmen und Ausgaben festzustellen und anteilig, rechtverbindlich auf die Wohnungseigentümer zu verteilen. Auch soll eine Kontrolle des Verwalters ermöglicht werden, ob dieser alle Einnahmen und Ausgaben realisiert hat. Die Eigentümer erhalten Aufschluss über die Vermögenssituation der WEG. Es handelt sich aber nicht um eine Bilanz oder eine Gewinn- und Verlustrechnung.
Weiterlesen
-
Wem steht die Versicherungsleistung aus einem Gebäudeversicherungsvertrag bei einem Schaden am Sondereigentum zu, insbesondere im Falle der Veräußerung des Sondereigentums?
Weiterlesen
-
Es klingt so einfach: „Mit der WEG Abrechnung werden alle Einnahmen und alle Ausgaben der Wohnungseigentümergemeinschaft für den Zeitraum eines Kalenderjahres aufgestellt sowie der auf jeden Eigentümer entfallende Zahlbetrag berechnet und dargestellt. Gebildete Rücklagen und die Kontostände werden aufgelistet.“
Weiterlesen
-
Bei der Verkündung des WEG im Jahre 1951 hatte der Gesetzgeber das Bild einer einheitlichen Anlage vor Augen, da hierdurch an das vor dem Krieg bekannte Stockwerkseigentum angeknüpft wurde . Auch die Regelungen der WEG-Reform aus dem Jahre 2007 gehen im Wesentlichen von einer Wohnungseigentümergemeinschaft in einem Gebäude aus.
Weiterlesen
-
In einer Mehrhausanlage empfinden sich die Wohnungs- oder Teileigentümer eines Gebäudeteils oder Gebäudes oft bereits aufgrund dieser räumlichen Abgeschlossenheit als Untergemeinschaft ...
Weiterlesen
-
Eine Eigentümergemeinschaft verklagte ihren Verwalter auf Schadensersatz, weil er die Frist für den Antrag auf Fördermittel zur Umstellung der Wärmeversorgung auf Fernwärme versäumt und die nicht gezahlten 2.000,00 Euro zu erstatten habe.
Weiterlesen
-
Wie kann die Wohnungseigentümergemeinschaft beispielsweise über die Installation eines Blockheizkraftwerks beschließen?
Weiterlesen
-
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wurde im Zusammenhang mit Instandsetzungs- / Instandhaltungsmaßnahmen und baulichen Veränderungen umfangreich verändert.
Weiterlesen
-
Änderung von Umlage- und Verteilungsschlüsseln im Wirtschaftsplan, Entlastung des Verwalters und / oder des Beirates.
Weiterlesen
-
Videoanlage im gemeinschaftlichen Klingeltableau einer WEG-Anlage
Weiterlesen
-
Große Hunde und andere Tiere – Tierhaltung in der Wohnungseigentumsanlage.
Weiterlesen
-
Die wesentlichen Rahmenbedingungen wie Laufzeit, Vergütung, Aufgaben und Pflichten werden im Bestellungsbeschluss festgelegt und im Vertrag ausformuliert.
Weiterlesen
-
Die Anfechtung eines WEG-Beschlusses ist häufig das letzte Mittel eines einzelnen Wohnungseigentümers, um seine Interessen durchzusetzen.
Weiterlesen
-
Der Erwerber einer Eigentumswohnung „haftet“ für Hausgeldrückstände des Verkäufers.
Weiterlesen