AHV
Andreas Messmer
Deutschen Vorstandsmitgliedern in Schweizer Gesellschaften drohen hohe Nachforderungen durch die Schweizer Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV).
Ein Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder GmbH gilt nach dem Bundesgesetz über die AHV als unselbstständig erwerbend und ist mit seinen Erwerbseinkünften sozialversicherungspflichtig. Für die Unterstellung unter die Schweizer Sozialversicherung spielt es keine Rolle, ob in Deutschland wohnhafte Verwaltungsräte Schweizer AGs für diese Tätigkeit eine Vergütung erhalten oder nicht. Ebenso wenig spielt es für die AHV eine Rolle, ob diese Vergütung direkt an den in Deutschland ansässigen Arbeitgeber ausbezahlt wird.
„Selbstständigkeit“ im Sinne der deutschen Sozialversicherung
Die deutsche Sozialversicherung fasst den Begriff „selbstständig“ weiter als die Schweizer. Ein Vorstand einer AG gilt in Deutschland - im Gegensatz zur Schweiz - grundsätzlich als Selbstständiger. Bei GmbH-Geschäftsführern kommt es auf den Einzelfall an. Aufgrund der in Deutschland insbesondere beim Mittelstand weit verbreiteten GmbH, wird der Geschäftsführer einer GmbH meistens als Selbstständiger eingestuft.
EU-Koordinationsregeln
In der Beziehung der Schweiz zur EU gelten die bilateralen Abkommen, hier das Freizügigkeitsabkommen. Ist eine Person mit Staatsangehörigkeit Schweiz / EU / EFTA in der Schweiz unselbstständig und in Deutschland selbstständig tätig, erfolgt die Versicherungsunterstellung im Staat der unselbstständigen Tätigkeit, also in der Schweiz.
Achtung: teure AHV-Abrechnung
Daraus folgend wird ein in Deutschland wohnhaftes Mitglied im Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder GmbH in der Schweiz AHV-pflichtig, wenn er in Deutschland ausschließlich selbstständige Einkünfte bezieht. Als AHV-pflichtige Einkünfte gelten hierbei nicht nur die Einkünfte aus einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft, sondern auch die Einkünfte aus einer Vorstandstätigkeit bei einer AG oder bei den meisten Geschäftsführertätigkeiten bei GmbHs.
Auf die Vergütung als Verwaltungsrat fallen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber je 5,05 Prozent für die AHV an. Erst richtig teuer wird es bei den deutschen Einkünften: auf dieses „selbstständige Erwerbseinkommen aus Deutschland“ fallen in der Schweiz 9,7 Prozent AHV-Beitrag an. Das Schweizer System kennt keine obere Beitragsgrenze, weshalb die Einkommen vollumfänglich und unbeschränkt der AHV-Pflicht unterliegen.
Tätigkeit ohne Entgelt
Ein Gesellschafter oder Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder GmbH, der kein Gehalt bezieht, aber für die Gesellschaft tätig ist, wird sich kaum darauf berufen können, dass aufgrund des fehlenden Gehalts keine Sozialversicherungspflicht besteht. Bereits das Ausüben einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit reicht aus, um die Sozialversicherungspflicht in die Schweiz fallen zu lassen.
Neue EU-Verordnung
Am 1. Mai 2010 trat in den EU-Mitgliedsstaaten eine neue Verordnung in Kraft. Die Schweiz hat das Ratifizierungsverfahren zur Übernahme eingeleitet, so dass diese noch nicht gilt. In den nächsten Monaten ist aber mit der Ratifizierung zu rechnen. Danach werden in Zukunft für die AHV nur noch Beschäftigungen berücksichtigt, die mehr als 25 Prozent der gesamten angestellten Beschäftigung, das heißt der Arbeitszeit und/oder des Lohns, ausmachen.
Jetzt sofort handeln!
Nicht nur aufgrund des neu vereinbarten Amtshilfeverfahrens im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens Schweiz - Deutschland wird in Zukunft mit einer deutlich strengeren Anwendung der internationalen Vorschriften zu rechnen sein. Betroffene sollten somit schnell aktiv werden. Der sofortige Handlungsbedarf ergibt sich nicht nur aufgrund der Höhe der Abgabenlast. Die Zeit drängt auch aufgrund der Tatsache, dass im Rahmen der neuen EU-Verordnung mit einer lediglich dreimonatigen Frist zu rechnen ist, in der zwischen neuem und altem Recht gewählt werden kann.
Autor:
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Andreas Messmer
Revisionsexperte (Schweiz), Fachberater für Internationales Steuerrecht
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