Nachforderung
Nachforderung aus gekündigter Lebensversicherung - Mindestens die Hälfte der eingezahlten Prämien sind zu erstatten.
Ein Lebensschicksal in Deutschland, das wahrlich keinen Einzelfall darstellt: Der Arbeitsplatz ist verloren gegangen und damit stehen Beschränkungen in der Lebensführung an. Zuerst werden die laufenden Ausgaben auf ihre Notwendigkeit überprüft und als Folge dessen Versicherungen gekündigt. Obwohl die Kranken-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung in jedem Fall weiter bestehen sollte, um den Mindestschutz der Familie aufrecht zu erhalten, werden auch diese meist beendet. Sehr häufig werden auch kapitalbildende Lebensversicherungen gekündigt, damit der Lebensunterhalt von den Rückkaufswerten wenigstens zeitweise gedeckt werden kann. Hierbei erhalten die Versicherungsnehmer meist nur einen geringen Teil des Kapitals von den Versicherern erstattet, den sie über die Jahre zuvor eingezahlt haben.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hier mit Urteil vom 12. Oktober 2005 die Stellung des kündigenden Versicherungsnehmers gestärkt.
Der Kläger hatte am 1. Mai 1997 eine Lebensversicherung abgeschlossen und im März 2002 gekündigt sowie Auszahlung des Rückkaufwertes verlangt. Die beklagte Versicherung hatte daraufhin die Rückvergütung aus der Lebensversicherung einschließlich der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) im vorliegenden Fall mit 2.046,70 Euro errechnet. Von diesem Betrag wurde noch 46,78 Euro Kapitalertragsteuer abgezogen und der Rest an den Kläger ausgezahlt. Gegen diese, ihn wirtschaftlich benachteiligende Abrechnung wehrte sich der Versicherungsnehmer.
Diesem Lebensversicherungsvertrag lagen Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zugrunde. Für den Fall der Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung und der Kündigung enthielten sie für beide Fälle Bestimmungen über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts sowie über einen Stornoabzug.
Diese Klauseln der AVB hat der BGH für unwirksam erklärt.
Hintergrund sei eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers, da ihm von der Versicherung nicht deutlich gemacht worden sei, dass mit der Beitragsfreistellung und der Kündigung, insbesondere in den ersten Jahren erhebliche, wirtschaftliche Nachteile entstehen. Sie liegen darin, dass wegen der zunächst vollen Verrechnung der Sparanteile der Prämien mit der Vermittlungsprovisionen und weiteren Kosten in den ersten Jahren keine oder allenfalls geringe Beiträge zur Bildung einer beitragsfreien Versicherungssumme oder eines Rückkaufswertes vorhanden sind.
Im Ergebnis hat der BGH der Versicherungswirtschaft dringend ein neues Abrechnungsmodell angeraten.
Hiernach soll der Rückkaufswert nicht mehr der Zeitwert der Versicherung sein. Stattdessen soll das Deckungskapital der Versicherung abgerechnet werden. Dieses wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode errechnet. Bei einer Kündigung soll mindestens die Hälfte des Deckungskapitals an den Versicherungsnehmer zurück fließen. Entsprechendes soll für die Ermittlung der prämienfreien Versicherungsleistung gelten.
Wer also seine, in den neunziger Jahren abgeschlossene Kapitallebensversicherungs nach wenigen Jahren Laufzeit gekündigt hat, sollte überprüfen lassen, ob heute nicht noch ein höherer Rückkaufswert gegenüber der Versicherung geltend gemacht werden kann, als bisher tatsächlich erhalten. Da insoweit auch Verjährungsfristen laufen, ist eine kurzfristige Überprüfung einer eventuell noch bestehenden Nachforderung aus der ehemaligen Lebensversicherung gegen die Versicherung angeraten.
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