Eigenbedarf-WEG
Käufer einer Eigentumswohnung dürfen das Mietverhältnis kündigen, wenn sie den Wohnraum für ihr Au-Pair benötigen.
In einem solchen Fall liege keine Eigenbedarfskündigung vor und die Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen bei Eigentumswohnungen gilt daher nicht. So urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) am 11. März 2009 (Aktenzeichen VIII ZR 127/08). In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Vermieterin eine Nachbarwohnung erworben, die drei Jahre zuvor in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde. Die Vermieterin kündigte den Mietern, da sie die Wohnung für ihr Au-Pair-Mädchen benötigte, welches die Kinder und die Schwiegermutter betreuen sollte.
Die Mieter waren der Auffassung, die Eigenbedarfskündigung dürfe nicht erklärt werden, da die zehnjährige Sperrfrist noch nicht abgelaufen sei.
Bei den Vorinstanzen wurde den Mietern Recht gegeben. Nicht so der BGH. Die Karlsruher Richter halten die Kündigung für wirksam. Zwar könne sich ein Erwerber einer umgewandelten Eigentumswohnung während einer Wartefrist von mindestens drei Jahren und in Gebieten mit Wohnungsmangel während einer Wartefrist von zehn Jahren nicht auf Eigenbedarf berufen. Eine Eigenbedarfskündigung liege hier jedoch nicht vor, da das Au-Pair-Mädchen und die Schwiegermutter nicht im Haushalt der Vermieterin gelebt haben. Damit gilt auch nicht die Sperrfrist gemäß § 577a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Mit Einführung dieser Sperrfrist hatte der Gesetzgeber Umgehungsversuchen der gesetzlichen Eigenbedarfsregelungen durch Vermieter einen Riegel vorgeschoben. Einer der Umgehungsversuche war die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, um sie als solche an Wohnungssuchende verkaufen zu können. Dabei gründeten die Erwartungen auf einen höheren Verkaufspreis (Ertrag) auf der Möglichkeit der Eigenbedarfsklage und Räumung der Wohnung zugunsten des jeweiligen Erwerbers. Der Erwerber einer solchen Eigentumswohnung kann sich gemäß § 577a BGB während einer Wartefrist von mindestens drei Jahren seit dem Erwerb nicht auf Eigenbedarf berufen. Der Mieter hat daher drei Jahre Zeit, sich auf den neuen Vermieter und den Umstand einzustellen, dass dieser unter Umständen Eigenbedarf geltend macht. Der Anknüpfungspunkt ist insoweit stets, dass die Wohnung erst in eine Eigentumswohnung umgewandelt und veräußert worden ist, nachdem sie dem Mieter überlassen worden war.
Nach Auffassung des BGH liegt eine Eigenbedarfskündigung nur vor, wenn der Erwerber der Wohnung selbst oder eine in seinem Haushalt lebende Person einziehen will.
Mit den Sperrfristen des § 577a BGB wollte der Gesetzgeber den Mieter davor schützen, dass umgewandelte Eigentumswohnungen häufig zur Befriedigung eigenen Wohnbedarfs erworben werden. Dieses gesetzgeberische Ziel lässt sich nicht ohne weiteres auf andere Kündigungsgründe übertragen. Dass ein Vermieter ein berechtigtes Interesse an einer Kündigung hat, weil er die Wohnung zur Unterbringung einer Hausangestellten benötigt, ist nicht in demselben Maß wahrscheinlich, wie ein Eigenbedarf des Erwerbers nach Umwandlung in Wohnungseigentum. Deshalb ist auch die Gefahr einer Verdrängung des Mieters deutlich geringer. Daher sei die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 577a BGB durch den Gesetzgeber auf die Fälle der Eigenbedarfs- und der Verwertungskündigung zu respektieren.
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