In dieser Woche hat die Bundesregierung zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie weitreichende Gesetzesänderungen an den Vorschriften zum Insolvenzrecht auf den Weg gebracht. Die neuen Vorschriften sollen rückwirkend zum 01. März 2020 in Kraft treten und sind zunächst bis 01. April 2021 befristet.
Für Unternehmer, Gewerbetreibende und Selbständige ergeben sich hieraus wichtige Entscheidungshilfen, wie sie sich in Anbetracht des weitgehenden Stillstands des Wirtschaftslebens in der nächsten Zeit ausrichten und einstellen können. Eine eingehende Beschäftigung mit den neuen Mechanismen ist in der gegenwärtigen Situation unabdinglich und verhindert spätere Weiterungen bereits eingetretener Schäden und den Eintritt möglicher Strafbarkeiten.
Eine besonders wesentliche Änderung wird durch das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) hinsichtlich etwaiger Insolvenzantragspflichten eintreten.
Nach bisheriger Rechtslage musste ein Unternehmer oder ein Wirtschaftsbetrieb im Falle der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung nach spätestens 3 Wochen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Geschieht dies nicht, macht sich der Unternehmer/die Leitung des Unternehmens regelmäßig wegen Insolvenzverschleppung strafbar und hat meist für den Großteil der Verbindlichkeiten auch mit dem persönlichen Privatvermögen zu haften.
Eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn das Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Die Rechtsprechung grenzt die drohende Zahlungsunfähigkeit von der unproblematischen, vorübergehenden Liquiditätslücke anhand einer Faustformel ab. Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners mehr als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen.
Nachdem gegenwärtig auf der Hand liegt, dass diese Situation innerhalb kürzester Zeit bei Tausenden Unternehmen eintreten wird oder schon eingetreten ist, hat sich der Gesetzgeber nun zur Aussetzung von der Insolvenzantragspflicht unter bestimmten Bedingungen entschieden:
Es liegt auf der Hand, dass in diesem Bereich eine sorgfältige Prüfung der künftigen Geschäftsaussichten nach Beendigung der Krise von jedem Unternehmer und deren Berater gefordert ist. Es ist der erklärte und nachvollziehbare Wille des Gesetzgebers, keine Armeen von „Zombie Unternehmen“ zu züchten, die weder in noch nach der Krise eine Aussicht haben, im Wirtschaftsleben zu überleben. Unvermeidbare Trittbrettfahrereffekte bereits ohnehin schon seit Längerem moribunder Unternehmen sollen auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Ergänzt werden die Vorschriften durch eine Reihe von Erleichterungen, die an die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht knüpfen:
Insgesamt kommt auf betroffene Teilnehmer des Wirtschaftslebens erhebliche strategische Denkarbeit zu.
Es muss genau darauf geachtet werden, die obigen Anforderungen für die Erlangung der Erleichterungen des neuen Gesetzes auch wirklich zu erfüllen. Andernfalls droht eine Strafbarkeit und die Haftung mit dem Privatvermögen nach den althergebrachten Bestimmungen.
Eine Entscheidung für oder gegen einen Antrag sollte in jedem Fall nur nach vorheriger schriftlicher juristischer Beratung erfolgen, schon um hinsichtlich etwaiger Straffolgen abgesichert zu sein.
Es muss in Abstimmung mit den steuerlichen und rechtlichen Beratern vor allem aber die Frage einer sinnvollen Zukunftsprognose erarbeitet und durchdacht werden. Die Stellung eines Insolvenzantrages kann schließlich auch erfolgen, wenn keine Pflicht zur Beantragung besteht. Sinnvoll wäre dies vor etwa zur Nutzung der bestehenden Sanierungsinstrumente des Insolvenzrechts.
Es ist schließlich dem Unternehmen nicht förderlich, trotz fehlender Antragspflicht in einem Stadium der Zahlungsunfähigkeit die Agonie endlos weiter zu verlängern.
Die Gefahr der strafbaren Nichtabführung von Sozialbeiträgen oder eines Eingehungsbetruges bei jeder Waren- und Dienstleistungsbestellung bleibt weiterhin bestehen und kann nicht nur wirtschaftlich, sondern auch psychisch zermürben.
Manchmal ist es besser, eine solche persönliche Krise moderiert in Begleitung von Spezialisten zu durchlaufen, anstatt ohne Aussicht auf Besserung monatelang zu warten und zu bangen und damit alles nur weiter zu verschlimmern.
Behalten Sie einen realistischen Blick auf die Situation Ihres Unternehmens!
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