Organisationsverschulden
Ein Baumangel alleine ist kein Indiz für ein Organisationsverschulden.
Das Vorliegen eines einzigen Baumangels, der bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung festgestellt worden wäre, ist für die Annahme einer mangelhaften Organisation nicht ausreichend. Beim Bau gibt es eine Vielzahl von Fehlerquellen. Ein einziger Baumangel ist daher kein ausreichender Beweis für eine fehlerhafte Organisation der Bauüberwachung und damit für ein Organisationsverschulden.
Ein Bauherr beauftragte einen Unternehmer mit der Errichtung einer Lagerhalle. Nach deren Bau kam es zu Unstimmigkeiten zwischen dem Bauherrn und dem ausführenden Bauunternehmen. Der Bauherr weigerte sich die Restwerklohnforderung von über 200.000 Euro zu bezahlen. Stattdessen führte er Mängelansprüche an, unter anderem wegen mangelhafter Betonstützen.
In einem gerichtlich bestellten Gutachten wurde festgestellt, dass die Stahlkörbe der Stützen statt der geschuldeten Betonüberdeckung von 2,5 Zentimetern lediglich eine Überdeckung von teilweise nur zwei Millimetern aufwiesen. Der Unternehmer beruft sich auf die Verjährung der Mängelansprüche, da die vertraglich vereinbarte Gewährleistungsfrist abgelaufen sei.
Dagegen ist der Bauherr der Auffassung, die Verjährungsfrist habe sich wegen Organisationsverschulden auf 30 Jahre verlängert.
Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten des Unternehmers. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Verjährungsfrist wegen Organisationsverschulden lägen nicht vor. Der Unternehmer hatte zur Erfüllung der vertraglich übernommenen Leistungen einen Subunternehmer beauftragt und auf der Baustelle einen Polier zur Überwachung eingesetzt.
Das Auftreten organisatorischer Fehler hat der Bauherr während dem Verfahren nicht aufzeigen können. Allerdings können dem Besteller, der die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass ein Organisationsfehler - und damit ein Organisationsverschulden - vorliegt, Beweiserleichterungen zugute kommen. Dabei kann die Art des Mangels ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder fehlerhafte Organisation sein, dass es weiterer Darlegungen hierzu nicht mehr bedarf.
Dann muss sich der Unternehmer zur Vermeidung des Arglistvorwurfs entlasten.
Der Sachverständige kam zu dem Schluss, dass die mangelhafte Betonüberdeckung bei ordnungsgemäßer Kontrolle durch den Polier nach dem Erstellen der Schalung und vor dem Eingießen des Betons hätte bemerkt werden können und müssen. Um auf eine mit der Arglist vergleichbare Verletzung der Organisationsobliegenheit des Unternehmers zu schließen, reicht dies jedoch nicht aus.
Für ein Organisationsverschulden bedarf es nicht nur dem Vorliegen eines Baumangels, welcher bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung festgestellt worden wäre. Selbst bei einer fehlerhaften Bauüberwachung gibt es eine Vielzahl von Fehlerquellen, die nicht auf der fehlerhaften Organisation der Bauüberwachung beruhen. Bauunternehmer beschäftigen häufig Subunternehmer und Vertrauen auf deren Leistungen. Im vorliegenden Fall hat der vom Unternehmer beauftragte Polier fehlerhaft auf die notwendige Kontrolle verzichtet. Somit liegt ein Einzelfallversagen vor, kein Organisationsverschulden.
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