Hofnachfolger
Barbara Brauck-Hunger
Testament und Hofübergabe: Die Übergabe des Hofes oder Weinguts ist für die Landwirtsfamilie oder die Winzerfamilie eine einschneidende Angelegenheit.
Rechtliche, finanzielle und soziale Überlegungen müssen beachtet werden, aber auch viele Gefühle spielen mit. Wichtig sind folgende Aspekte für Übergeber und Hofnachfolger:
Welches Erbrecht gilt für Landwirte und Winzer? Gilt die Höfeordnung, das Anerbenrecht oder das Landgutrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)? In Hessen und Rheinland-Pfalz gelten landesrechtliche Sondervorschriften, in Baden-Württemberg ebenfalls für den Regierungsbezirk Freiburg. Ansonsten gilt dort wie zum Beispiel auch in Bayern und im Saarland das Landgutrecht des BGB. In Nordrhein-Westfalen dagegen gilt die Höfeordnung.
Wie kann der Hof im Todesfall als Ganzes erhalten bleiben, um so die Existenz der Familienmitglieder zu sichern? Geht der Hof auf eine Erbengemeinschaft über, kann jeder Miterbe die Auseinandersetzung verlangen. Einigen sich die Miterben nicht, kann es zur Zwangsversteigerung kommen. Kann hier das Hofzuweisungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz helfen? Die weichenden Geschwister haben Pflichtteilsansprüche. Wie hoch sind diese? Hier muss eine Regelung gefunden werden, die vermeidet, dass der Hofnachfolger so belastet wird, dass er den Hof nicht weiterführen kann.
Der Übergabevertrag soll die Übergeber finanziell absichern, darf aber den Hofnachfolger nicht finanziell knebeln.
Natürlich sollen Regelungen gefunden werden, die Streit mit den weichenden Geschwistern vermeiden. Der Hofnachfolger braucht auch einen geschickten Ehevertrag. Dieser muss Regelungen enthalten, die vermeiden, dass der Hof im Falle einer Scheidung zerschlagen wird, der Ehegatte aber auch finanziell abgesichert ist.
Was geschieht, wenn die Übergeber zum Pflegefall werden? Wer kommt für die Kosten auf? Liegt eine Schenkung vor, kann das Sozialamt auf den Hof zugreifen. Auch hier können geschickte Regelungen gefunden werden, die dies vermeiden.
Erbschafts- und Schenkungssteuer für Winzer und Landwirte
Eine 100-prozentige Befreiung von der Erbschaftssteuer oder von der Schenkungssteuer ist möglich, allerdings gelten dafür strenge Voraussetzungen:
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7 Jahres-Frist: Führt der Hoferbe / Hofnachfolger den Betrieb mindestens sieben Jahre weiter, entfällt für ihn die Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuer komplett. Im Jahr 2009 galt hier noch die 10-Jahres-Frist. Das Wohnhaus zählt übrigens nicht zum Hof.
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Weitere Voraussetzung: Die Lohnsumme. Sie darf innerhalb der nächsten sieben Jahre nicht sinken. Am Ende des 7-Jahreszeitraumes darf sie nicht geringer als 700 Prozent der Ausgangslohnsumme sein. Achtung: Dies gilt nur für landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als 20 festangestellten Mitarbeitern. Saisonkräfte werden aber nicht mitgezählt.
Für eine 85-prozentige Befreiung von der Erbschaftssteuer beziehungsweise von der Schenkungssteuer gelten nicht ganz so strenge Voraussetzungen:
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5 Jahres-Frist: Verpflichtet sich der Hofnachfolger / Hoferbe, den Betrieb mindestens fünf Jahre fortzuführen, muss er nur 15 Prozent des Hofes versteuern. Von den steuerpflichtigen 15 Prozent werden nochmals 150.000 Euro als „Abzugsbetrag“ subtrahiert, so dass bei einem Betriebswert bis eine Million Euro keine Erbschaftssteuer anfällt. Der Wert des Hofes wird vom Finanzamt nach Bewertungstabellen festgestellt, die sich an den Erträgen des landwirtschaftlichen Betriebes orientieren.
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Weitere Voraussetzung: Die Lohnsumme. Sie darf am Ende des 5-Jahreszeitraumes nicht geringer als 400 Prozent der Ausgangslohnsumme sein. Achtung: Dies gilt wie bei der hundertprozentigen Befreiung nur für landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als 20 festangestellten Mitarbeitern. Saisonkräfte werden auch hier nicht mitgezählt.
Über die Autorin
Fachanwältin für Erbrecht
Rechtsanwältin Brauck-Hunger
Bachweg 55
65366
Geisenheim
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