Anfechtungsfrist beim Erbvertrag
Die Kenntnis des Erblassers ist ausschlaggebend für den Beginn der Anfechtungsfrist.
In einem Beschluss vom 9. März 2011 hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Anfechtungsfrist im Erbrecht beschäftigt (Aktenzeichen: IV ZB 16/10). Bei dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage, inwiefern ein Rechtsirrtum des Erblassers Auswirkungen auf die Anfechtungsfrist eines Erbvertrages hat. Die Verstorbene hatte mit ihrem ersten Ehemann einen Erbvertrag abgeschlossen. Dabei wurde sie als Alleinerbin ausgezeichnet und setzte selber die Kinder ihres Ehemannes als Alleinerben ein. Nach dem Tod des Ehemannes schlug sie die Erbschaft wegen Überschuldung des Nachlasses aus. Nach dem Tod ihres zweiten Mannes errichtete sie erneut ein Testament und setzte ihre beiden Geschwister als Erben ein. Diese verlangen nun die Erteilung eines Erbscheins.
Die Antragsteller berufen sich darauf, dass der erste Erbvertrag keine Gültigkeit mehr habe. Die Erblasserin sei von keiner Bindungswirkung des Vertrages für den Fall ausgegangen, dass der Nachlass überschuldet ist, sie die Erbschaft ausschlagen muss und dann erst neues Vermögen von sich aus hinzu erworben hat.
Im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung war das Anfechtungsrecht schon erloschen.
Eine Auschlagung der Erbschaft allein genügt nicht, um sich vom Erbvertrag zu lösen - dieser muss angefochten werden. Grundsätzlich liegt die Anfechtungsfrist eines Erbvertrages bei einem Jahr. Diese Frist beginnt in Fällen des Irrtums gemäß § 2078 II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in dem Zeitpunkt, ab dem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis hat. In diesem Fall hatte die Erblasserin zum Todeszeitpunkt ihres Mannes bereits Kenntnis von dem überschuldeten Nachlass und hätte die Erbschaft innerhalb eines Jahres anfechten müssen. Eine nachfolgende Anfechtung ist nicht mehr fristgerecht. Hinzu kommt, dass ein Rechtsirrtum bei der Anfechtung nur dann beachtet werden muss, wenn er die Unkenntnis einer die Anfechtung begründenden Tatsache zur Folge hat. Daraus folgt, dass die Annahme der Erblasserin - die Bindungswirkung des Erbvertrages beziehe sich nicht auf zukünftig erworbenes Vermögen und entfalle schon deswegen - einen unbeachtlichen Rechtsirrtum darstellt. Der Erbvertrag konnte demnach überhaupt nicht angefochten werden - jedenfalls nicht mit der Annahme der Erblasserin, dass ihr eigenständig nach dem Tod ihres Mannes neu erworbenes Vermögen, nicht mehr auf die Kinder ihres ersten Mannes übergehen kann.
Nur in bestimmten Fällen, steht dem Überlebenden das Recht zu, die Verfügungen des einst abgeschlossenen Erbvertrags aufzuheben. Dafür ist aber zwingend notwendig, dass im Erbvertrag ein Rücktrittsrecht vorbehalten wurde. Im vorliegenden Fall wurde ein solches nicht vereinbart, daher gilt das einmal festgehaltene - hier dass die Kinder des ersten verstorbenen Ehemannes auch Erben der Erblasserin werden.
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