Sekte
Pflichtteilsbeschränkung bei Mitgliedschaft des Erben in einer Sekte.
Oft sind die Eltern mit dem Lebenswandel ihrer Abkömmlinge nicht einverstanden. Bei Beitritt eines Kindes in eine Sekte sind Sie bestrebt, das Vermögen, welches ihr Kind erben wird, dem Zugriff der Sekte zu entziehen. Denn häufig muss das Vermögen der Mitglieder der Sekte überlassen werden. Deshalb sind erbberechtigte Kinder für Sekten beziehungsweise sektenähnliche Vereinigungen bevorzugte Mitglieder. Eltern überlegen dann, wegen des Beitritts eines Abkömmlings in eine Sekte, das betreffende Kind zu enterben oder doch mindestens den Erbteil durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung zu beschränken.
Indessen ist ein Schutz des Vermögens des Kindes über diesen Weg nur in eingeschränktem Umfang möglich. Denn nahen Angehörigen steht immer ein Anteil am Nachlass zu. Werden Kinder enterbt, können sie den so genannten Pflichtteil von den Erben verlangen, wenn der Erbteil ausgeschlagen wird.
Dieser Pflichtteilsanspruch ist praktisch unentziehbar.
Früher war zwar strittig, ob auch ein Pflichtteilsentzug möglich war, wenn der pflichtteilsberechtigte Erbe einer Sekte beigetreten ist. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2000 entschieden, dass auch ein Sektenmitglied Anspruch auf seinen Pflichtteil hat. Enterbung ist somit kein wirksames Mittel, um einen vollständigen Schutz zu erreichen. Liegt dagegen eine Überschuldung des Vermögens des Kindes oder Verschwendungssucht vor, kann der Erblasser den Pflichtteil des Abkömmlings durch eine Nacherbschaft, ein Nachvermächtnis oder eine Testamentsvollsteckung beschränken.
Mit Hilfe der Anordnung einer solchen Verwaltungsvollstreckung durch einen Testamentsvollstrecker wird dem Abkömmling das Verfügungsrecht unter Lebenden entzogen. Das ererbte Vermögen ist im Ergebnis also umfassend vor nachteiligen Verfügungen, beispielsweise zu Gunsten einer Sekte, geschützt. Gleichzeitig bleibt dem Abkömmling der Anspruch auf den Reinerlös erhalten – jedenfalls soweit dieser nicht den nach dem Gesetz unpfändbaren Betrag übersteigt.
Dies hat wiederum zur Folge, dass der Erblasser dem Abkömmling trotz seiner Überschuldung oder Verschwendungssucht über den Tod hinaus eine pfändungsfreie „Grundversorgung“ sichern kann.
Die Gründe für den Pflichtteilsentzug müssen allerdings genau im Testament beziehungsweise im Erbvertrag angegeben sein und grundsätzlich zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung ebenso gegeben sein, wie zum Zeitpunkt des Erbfalls. Ist das Kind aus der Sekte ausgetreten und hat es über Jahre hinaus keine weiteren Schulden gemacht, sind die Beschränkungen unter Umständen unwirksam. Jedenfalls ist eine gründliche Beratung vor einer Anordnung des Pflichtteilsentzuges im Testament oder im Erbvertrag erforderlich.
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