Das Bundesurlaubsgesetz - was ändert sich 2019 im Arbeitsrecht für Arbeitnehmer?
Wieviel Urlaub am Stück steht mir zu? Wann verfallen Urlaubsansprüche und was kann ich dagegen tun? Die wichtigsten Neuerungen im Bundesurlaubsgesetz 2019!
In diesem Jahr sind eine Reihe von wichtigen arbeitsrechtlichen Entscheidungen im Urlaubsrecht ergangen. Die sich hieraus ergebenden Änderungen möchten wir nachfolgend darstellen:
Das “Erben” von Abgeltungsansprüchen
Im Hinblick auf das Urlaubsrecht hat sich nunmehr der jahrelange Streit zwischen dem Bundesarbeitsgericht und dem Europäischen Gerichtshof über den Umgang mit den Urlaubsansprüchen bei Tod des Arbeitnehmers geklärt. Das Bundesarbeitsgericht hat seinen Widerstand endgültig aufgegeben und sich der (aus unserer Sicht wohl ohnehin zutreffenden) Rechtsauffassung des EuGH angeschlossen.
Damit steht nun fest, dass bei Tod des Arbeitnehmers die noch offenen Urlaubsansprüche als Abgeltungsanspruch an die Erben auszuzahlen sind (BAG Urteil vom 22.01.2019, Az.: 9 AZR 10/17).
Bundesurlaubsgesetz §7 Abs. 2: Wieviel Urlaub am Stück steht mir zu?
An dieser Stelle möchten wir auch noch einmal darauf hinweisen, dass die Arbeitsgerichte beginnen, den Wortlaut des Bundesurlaubsgesetzes wieder ernst zu nehmen. Der Gesetzeswortlaut enthält dabei überraschende Regelungen, die in der bisherigen betrieblichen Praxis regelmäßig vollkommen ignoriert werden. Hierzu gehört auch § 7 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetzes.
Hiernach ist der Urlaub „möglichst zusammenhängend“ zu gewähren. Dabei muss für den Fall, dass der Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr insgesamt einen Urlaubsanspruch von mehr als zwei Wochen hat, mindestens ein Urlaubsteil zwei Arbeitswochen umfassen.
Wenn ein Arbeitnehmer also bei einer 5-Tage-Woche 30 Urlaubstage hat, hat er damit 6 Wochen Urlaub. Er muss hiervon mindestens zwei Wochen am Stück Urlaub nehmen. Die übrigen 4 Wochen können dann auch in geringere Zeitabschnitte aufgeteilt werden.
Sofern sich der Arbeitgeber darauf einlässt, den Urlaub so zu verteilen, dass nicht mindestens ein Urlaubsabschnitt zwei Wochen am Stück beträgt, läuft er Gefahr, dass der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch auf die zwei Wochen am Stück behält, obwohl der Arbeitnehmer die volle Zeit im Urlaub war.
Wenn also im obigen Beispiel der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer 6 mal eine Woche gewährt, so besteht die Gefahr, dass für zwei Wochen (also 10 Urlaubstage) der Urlaubsanspruch nicht durch Erfüllung untergeht, weil der Arbeitgeber nicht korrekt Urlaub gewährt hat. Der Arbeitnehmer hatte dann zwar 6 Wochen bezahlte Freistellung, vom 6-wöchigen Urlaubsanspruch sind aber nur 4 Wochen untergegangen, so dass der Arbeitnehmer dann immer noch weitere 2 Wochen Urlaub hat.
Daher kann und sollte der Arbeitgeber darauf bestehen, dass die Arbeitnehmer mindestens zwei Wochen im Jahr am Stück Urlaub nehmen. Der Arbeitgeber muss sich also auf eine Atomisierung des Urlaubes auch nach den Wünschen des Arbeitnehmers nicht einlassen (so auch das LAG Baden-Württemberg Urteil vom 06.03.2019 Az.: 4 Sa 73/18)
Urlaubsantrag und Urlaubsverfall - wozu ist der Arbeitgeber verpflichtet?
Am bedeutsamsten für die tägliche Praxis ist jedoch die Frage, wie vom Arbeitgeber Urlaub zu gewähren ist.
Nach bisheriger jahrzehntelanger Rechtspraxis und Rechtsprechung war es so, dass die Arbeitnehmer den Urlaub beantragen müssen. Wenn die Arbeitnehmer ihren Urlaub nicht rechtzeitig innerhalb des Kalenderjahres beantragt haben, so war der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres verfallen. Eine Übertragung ins erste Quartal des Folgejahres fanden nur statt, wenn
- der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers abgelehnt hat oder aber
- eine Urlaubssperre verhängt hat, oder aber
- die betriebliche Praxis vorsah, dass die Arbeitnehmer auch ohne Beantragung den Urlaub in das erste Quartal des Folgejahres übertragen konnten.
Spätestens im ersten Quartal des Folgejahres musste dann aber der Urlaub beantragt und in Anspruch genommen werden, ansonsten war der Urlaub verfallen.
Diese Rechtspraxis ist seit diesem Jahr nicht mehr aufrechtzuerhalten:
Nach aktueller Rechtslage ist der Arbeitgeber verpflichtet, jeden betreffenden Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub noch nicht vollständig verplant bzw. beantragt hat. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer ferner auffordern, den Resturlaub rechtzeitig in Anspruch zu nehmen. Schließlich müssen die Arbeitnehmer darauf hingewiesen werden, dass für den Fall, dass der Urlaub nicht rechtzeitig beantragt bzw. genommen wird, dieser mit Ablauf des Kalenderjahres – oder, sofern eine abweichende betriebliche Praxis besteht, mit Ablauf des Übertragungszeitraums – ersatzlos entfällt.
Nur wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, diesen Pflichten genügt zu haben, verfällt der nicht genommene Urlaub am Ende des Kalenderjahres bzw. des betriebsüblichen Übertragungszeitraums.
Sollte also beispielsweise ein Arbeitnehmer 30 Tage Urlaub haben und hiervon im Laufe des Jahres nur 10 Tage in Anspruch nehmen, so muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer so rechtzeitig auf die 20 Resturlaubstage und deren drohenden Verfall hinweisen, dass der Arbeitnehmer diesen Urlaub auch noch in Anspruch nehmen kann. In unserem Fall müsste dieser Hinweis also spätestens Ende November erfolgen, da der Arbeitnehmer den ganzen Dezember brauchen wird, um die verbleibenden 20 Tage in Anspruch zu nehmen.
Unterlässt der Arbeitgeber diesen Hinweis oder kann er dies nicht beweisen, so kann der Arbeitnehmer den nicht genommen Resturlaub unbegrenzt (also auch noch Jahre später) geltend machen.
Insofern sollte jeder Arbeitgeber spätestens zu Beginn der 2. Jahreshälfte die Urlaubsansprüche aller Arbeitnehmer prüfen. Alle Arbeitnehmer, bei denen Sie feststellen, dass es noch unverplanten Resturlaub gibt, sollten individuell in Textform eine entsprechende Mitteilung erhalten.
Das könnte Sie auch interessieren:
-
-
-
Ausgedehnte Pausen zum Rauchen, Small Talk an der Kaffeemaschine oder privates Surfen im Internet während der Arbeitszeit sind Situationen, die immer wieder in Unternehmen vorkommen. Dieser Artikel klärt, wann ein Arbeitszeitbetrug vorliegt, wie sich dieser von einem Verstoß abgrenzt und welche Konsequenzen ein derartiges Verhalten haben kann.
Weiterlesen
-
Im Schadensfall ist der Verursacher zur Haftung verpflichtet - ein Rechtsgrundsatz, der selbstredend auch für Schäden gilt, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses entstehen. Verursacht ein Arbeitnehmer Schäden an Betriebseigentum, kann der Arbeitgeber ihn dafür in Regress nehmen. Dennoch gibt es verschiedene Besonderheiten, die den Regress des Arbeitgebers beeinflussen oder komplett wegfallen lassen.
Weiterlesen
-
Mobbing und dessen Auswirkungen sind häufige Gründe, warum sich immer mehr Arbeitnehmer krankschreiben lassen. Allein der durch den Arbeitsausfall entstandene wirtschaftliche Schaden für das jeweilige Unternehmen kann enorme Ausmaße annehmen. Letzten Endes schadet sich jeder Arbeitgeber also selbst, wenn er Mobbing in seinem Betrieb nicht konsequent den Riegel vorschiebt. Doch wo beginnt und endet eigentlich die Mitwirkungspflicht seitens des Arbeitgebers, wenn es um die Vermeidung von Mobbing im Beruf geht?
Weiterlesen
-
Ein normalerweise eher unbedeutendes Thema rückt zu Corona-Zeiten plötzlich in den Fokus der Arbeitswelt Kurzarbeit. Doch kann in der Krise der Arbeitgeber – wie viele glauben – Kurzarbeit einfach einseitig anordnen?
Weiterlesen
-
Die Bedeutung des Home Office hat zu Corona-Zeiten eine ganz neue Dimension erreicht. Nicht nur die Nutzung, sondern auch die Akzeptanz der Arbeit im Homeoffice ist explosionsartig gestiegen und die deutliche Mehrheit aller Fälle hat gezeigt, dass es funktioniert.
Weiterlesen
-
Die Coronakrise hält momentan die Welt in Atem. Vor allem herrscht innerhalb der Bevölkerung eine große Unsicherheit, welche Rechte sie nun in den verschiedensten Lebensbereichen hat. Im Folgenden Ihre Rechte als Selbstständigen, so umfassend, wie es derzeit möglich ist, beurteilt. Die folgenden Ausführungen basieren auf der Interpretation der in Deutschland aktuell geltenden Gesetze, sowie den Veröffentlichungen der zuständigen Behörden.
Weiterlesen
-
Jedes Jahr werden in Deutschland zwischen 1,0 und 1,4 Milliarden unbezahlte Überstunden geleistet – also Arbeitszeit ohne Entlohnung oder Freizeitausgleich. Auf den einzelnen Arbeitnehmer heruntergerechnet sind das durchschnittlich drei Überstunden pro Monat!
Weiterlesen
-
Nicht immer ist die einseitige Freistellung von Trainern, Sportdirektoren oder Spielern zulässig. Findet sie dennoch statt, stellt sich die Frage nach dem Vergütungsanspruch des Betroffenen.
Weiterlesen
-
Die Wahrung von Betriebsgeheimnissen erfolgt von zwei Seiten. Zum einen sind Angestellte in der Regel durch eine Verschwiegenheitsklausel gebunden. Aber auch Arbeitgeber sind in der Pflicht, ihre Geschäftsgeheimnisse durch angemessene Maßnahmen zu schützen. Dies wurde kürzlich auch gesetzlich konkretisiert.
Weiterlesen
-
Was bedeutet das Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung im Einzelnen? Kann auch weiterhin eine flexible Arbeitszeit gewährleistet werden und welchen Anforderungen (DSGVO) müssen moderne Zeiterfassungssysteme genügen?
Weiterlesen
-
Die täglich geleistete Arbeitszeit gibt Aufschluss über Überstunden und Mindestlohnvergütung, für deren Nachweis bis dato der Arbeitnehmer verantwortlich war. Das jüngste Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung dürfte dies maßgeblich verändern.
Weiterlesen
-
BAG erschwert die Berufung auf Ausschlussfristen
Weiterlesen
-
Im Rahmen des Arbeitskräftemangels kommt es vermehrt dazu, dass der Arbeitgeber von „normaler“ Arbeit umstellt auf Schichtarbeit. Insoweit ist zu erörtern, ob dies durch das Direktionsrecht gedeckt ist.
Weiterlesen
-
Was macht man als Arbeitnehmer also als erstes, wenn man spürt, dass man nicht arbeiten kann? Man informiert seinen Arbeitgeber und zwar vor oder spätestens zum Dienstbeginn. Das ist etwas anderes als die Krankschreibung vom Arzt, nämlich nur die einfache Mitteilung, dass man krank ist und nicht zur Arbeit erscheinen kann.Spätestens am dritten Tag (nicht Werktag) nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit muss eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber eingegangen sein.
Weiterlesen
-
Das Direktionsrecht (Arbeitsort, Arbeitszeit oder Inhalt der Tätigkeit) aus § 106 Gewerbeordnung ermöglicht dem Arbeitgeber nach wie vor, die im Arbeitsvertrag rahmenmäßig umschriebenen Leistungspflichten der Arbeitnehmer im Laufe des Arbeitsverhältnisses einseitig durch Weisungen zu konkretisieren.
Weiterlesen
-
Während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist es dem Arbeitgeber nicht untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen.
Weiterlesen
-
Anspruch auf ein Firmenfahrzeug im Krankheitsfalle, während Mutterschutz oder Elternzeit?
Weiterlesen
-
Freiwilligkeitsvorbehalt: Sind Sie sicher, dass Ihr Urlaubsgeld sicher ist?
Weiterlesen
-
Aufhebung eines Wettbewerbsverbots durch allgemeine Ausgleichsklauseln.
Weiterlesen
-
Wegen der Geburt eines zweiten Kindes vorzeitig beendete Elternzeit kann später nachgeholt werden.
Weiterlesen
-
Die hartnäckige Verletzung der Pflicht zur Anzeige der Arbeitsunfähigkeit kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
Weiterlesen
-
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsrecht soll die Benachteiligung und Diskriminierung von Arbeitnehmern verhindern.
Weiterlesen
-
Einsatz von Praktikanten – auch über mehrere Jahre?!
Weiterlesen
-
Ist der Arbeitsplatz öffentlich zugänglich wie in einer Bäckerei oder in einem Supermarkt findet das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Anwendung.
Weiterlesen
-
-
Die Pflicht des Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer vor Mobbing zu schützen und das Mobben selber zu unterlassen, ergibt sich aus seiner Fürsorgepflicht.
Weiterlesen
-
Prozesskostenhilfe muss auch für Mehrvergleich bezahlt werden - ein Callcenter-Mitarbeiter gewinnt gegen die Hamburger Arbeitsgerichte.
Weiterlesen
-
Wirksam ist eine Abmahnung nur dann, wenn aus ihr eindeutig die sogenannte Rügefunktion erkennbar ist.
Weiterlesen
-
Mobbing und Bossing durch Kollegen beziehungsweise Vorgesetzte: Die Opfer können sich erfolgreich wehren.
Weiterlesen
-
Das System des BAT: Altersdiskriminierung durch höhere Vergütung bei höherem Lebensalter.
Weiterlesen
-
Schnell in Rente - trotz weniger Geld. Immer mehr Arbeitnehmer gehen in Frührente.
Weiterlesen
-
Das Arbeiten am Arbeitsplatz unterliegt den Ergonomie-Richtlinien der EU.
Weiterlesen
-
-
Verspätet am Arbeitsplatz durch Bahnstreik - das Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer.
Weiterlesen
-
Nach Langzeiterkrankung zurück in den Job? Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) erleichtert die ersten Schritte.
Weiterlesen
-
Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei privater Internetnutzung am Arbeitsplatz.
Weiterlesen
-
-
Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitgeber meinen, eine Nebentätigkeit des Arbeitnehmers verbieten zu dürfen oder von ihrer Erlaubnis abhängig zu machen.
Weiterlesen
-
Inhalt und Umfang des Weisungsrechts - der Arbeitsvertrag bestimmt, welche Arbeitsleistung der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen kann.
Weiterlesen
-
Die gesetzlichen Grundlagen für eine Ausbildung sind im Berufsbildungsgesetz (BBiG) festgelegt.
Weiterlesen
-
Der so genannte Bereitschaftsdienst ist ein in der Öffentlichkeit immer wieder und viel diskutierter Begriff.
Weiterlesen
-
Die Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland ist für viele Unternehmen aufgrund der fortschreitenden Globalisierung alltäglich geworden.
Weiterlesen
-
Die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern in Deutschland.
Weiterlesen
-
Der neue § 32 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) - Datenschutz im Arbeitsrecht: Viel Lärm um nichts?
Weiterlesen
-
Das Abwerben von hoch qualifizierten Mitarbeitern durch Headhunter findet auch in wirtschaftlich schweren Zeiten statt.
Weiterlesen
-
Anspruch des Mobbingopfers auf Schadenersatz gegen den Arbeitgeber.
Weiterlesen