Ausschlussfristen
BAG erschwert die Berufung auf Ausschlussfristen
Unter Ausschlussfristen versteht man Klauseln in Verträgen, die vorsehen, dass etwaige Ansprüche binnen einer bestimmten Frist geltend gemacht oder eingeklagt werden müssen. Andernfalls verfallen sie. Derartige Ausschlussklauseln findet man sehr häufig in Arbeits- und Tarifverträgen sowie in Betriebsvereinbarungen.
Der Sinn dieser Klauseln besteht darin, möglichst schnell Rechtssicherheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu haben und nicht nach Jahren noch mit irgendwelchen Ansprüchen konfrontiert zu werden. Sie sind daher deutlich kürzer als die ansonsten anzuwendenden Verjährungsfristen von regelmäßig drei Jahren zum Jahresende.
Unterschieden werden einstufige und zweistufige Ausschlussfristen. Bei einstufigen Ausschlussfristen sieht die Klausel die Geltendmachung eines Anspruchs binnen eines bestimmten Zeitraums vor. Bei zweistufigen Ausschlussfristen kommt eine Frist zur gerichtlichen Geltendmachung hinzu.
Vertragliche Ausschlussfristen
Vertragliche Ausschlussfristen unterliegen strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen; denn wenn sie eingreifen, sind ihre Konsequenzen scharf: die Arbeitsvertragspartei, dabei sehr oft der Arbeitnehmer, verliert die Ansprüche komplett.
Von daher sind arbeitsvertragliche Ausschlussfristen regelmäßig einer AGB-Kontrolle gemäß der §§ 305 ff. BGB zu unterziehen. Das heißt u.A., dass die Ausschlussklausel transparent und verständlich sein muss und den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen darf.
Die Klausel darf nicht im Arbeitsvertrag versteckt sein, so dass sich ihre Hervorhebung empfiehlt.
Außerdem darf die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche jedenfalls in Arbeitsverträgen nicht kürzer als drei Monate sein und muss für beide Arbeitsvertragsparteien gelten, also sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer. Hält der Arbeitsvertrag dem nicht stand, ist die Klausel insgesamt unwirksam.
Seit Ende 2016 dürfen neue Arbeitsverträge auch nicht mehr die strenge Schriftform für die Geltendmachung vorschreiben; Textform, also auch eine E-Mail, genügt.
Bei tarifvertraglichen Ausschlussklauseln ist der Gestaltungsspielraum etwas größer.
Urteil des BAG erschwert Berufung auf Ausschlussfristen weiter
Als wenn die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer solchen Ausschlussklausel nicht schon streng genug wären, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich weitere Fallgruppen aufgestellt, in denen eine Ausschlussklausel kippen kann.
Zunächst hatte das BAG durch Urteil vom 24.08.2016 entschieden, dass eine Ausschlussklausel, die auch den Mindestlohn nach § 2 PflegeArbbV erfasse, unwirksam sei. Daraus folge aber nicht nur, dass der Pflege-Mindestlohn trotzdem weiter geltend gemacht werden könne, sondern die Unwirksamkeit der Klausel insgesamt, so dass auch alle anderen Ansprüche nicht verfallen können (BAG, Urt. v. 24.08.2016 -5 AZR 703/15-).
Wegen der Unverzichtbarkeit des Mindestlohns generell schließt der Großteil der Rechtsprechung daraus, dass alle Ausschlussklauseln, die die Ansprüche auf Mindestlohn nicht ausnehmen, unwirksam sind. Eine diesbezügliche Klarstellung des Bundesarbeitsgerichts steht noch aus.
Mithin sollte man unbedingt in jeder Ausschlussklausel klarstellen, dass diese nicht für die Geltendmachung von Mindestlohnansprüchen gilt.
In einer sehr aktuellen Entscheidung zum Punkt Ausschlussklausel ging es nicht um die Wirksamkeit derselben, sondern um den Ablauf der Fristen. Der Arbeitnehmer hatte seine Ansprüche auf Urlaubsabgeltung pp. zwar fristgerecht binnen der ersten drei Monate nach Fälligkeit geltend gemacht, dann aber die zweite Frist für die klageweise Geltendmachung verpasst. Hintergrund war, dass zwischenzeitlich mehrere Wochen über eine Einigung verhandelt wurde.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht in Nürnberg wiesen die Klage des Arbeitnehmers ab, da aus ihrer Sicht die Ansprüche verspätet eingeklagt worden seien.
Das sah nun –etwas überraschend- das BAG anders. Es wendete die Vorschrift des § 203 S.1 BGB, die für Verjährungen gilt, entsprechend auf diese Fallgestaltung an. Durch die außergerichtlichen Einigungsverhandlungen sei die zweite Ausschlussfrist gehemmt gewesen, so dass die Ausschlussklausel nicht greife (BAG, Urt. v. 20.06.2018 -5 AZR 262/17-).
Die Angriffsmöglichkeiten gegenüber Ausschlussklauseln werden also immer größer.
Das könnte Sie auch interessieren:
-
-
-
Ausgedehnte Pausen zum Rauchen, Small Talk an der Kaffeemaschine oder privates Surfen im Internet während der Arbeitszeit sind Situationen, die immer wieder in Unternehmen vorkommen. Dieser Artikel klärt, wann ein Arbeitszeitbetrug vorliegt, wie sich dieser von einem Verstoß abgrenzt und welche Konsequenzen ein derartiges Verhalten haben kann.
Weiterlesen
-
Im Schadensfall ist der Verursacher zur Haftung verpflichtet - ein Rechtsgrundsatz, der selbstredend auch für Schäden gilt, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses entstehen. Verursacht ein Arbeitnehmer Schäden an Betriebseigentum, kann der Arbeitgeber ihn dafür in Regress nehmen. Dennoch gibt es verschiedene Besonderheiten, die den Regress des Arbeitgebers beeinflussen oder komplett wegfallen lassen.
Weiterlesen
-
Mobbing und dessen Auswirkungen sind häufige Gründe, warum sich immer mehr Arbeitnehmer krankschreiben lassen. Allein der durch den Arbeitsausfall entstandene wirtschaftliche Schaden für das jeweilige Unternehmen kann enorme Ausmaße annehmen. Letzten Endes schadet sich jeder Arbeitgeber also selbst, wenn er Mobbing in seinem Betrieb nicht konsequent den Riegel vorschiebt. Doch wo beginnt und endet eigentlich die Mitwirkungspflicht seitens des Arbeitgebers, wenn es um die Vermeidung von Mobbing im Beruf geht?
Weiterlesen
-
Ein normalerweise eher unbedeutendes Thema rückt zu Corona-Zeiten plötzlich in den Fokus der Arbeitswelt Kurzarbeit. Doch kann in der Krise der Arbeitgeber – wie viele glauben – Kurzarbeit einfach einseitig anordnen?
Weiterlesen
-
Die Bedeutung des Home Office hat zu Corona-Zeiten eine ganz neue Dimension erreicht. Nicht nur die Nutzung, sondern auch die Akzeptanz der Arbeit im Homeoffice ist explosionsartig gestiegen und die deutliche Mehrheit aller Fälle hat gezeigt, dass es funktioniert.
Weiterlesen
-
Die Coronakrise hält momentan die Welt in Atem. Vor allem herrscht innerhalb der Bevölkerung eine große Unsicherheit, welche Rechte sie nun in den verschiedensten Lebensbereichen hat. Im Folgenden Ihre Rechte als Selbstständigen, so umfassend, wie es derzeit möglich ist, beurteilt. Die folgenden Ausführungen basieren auf der Interpretation der in Deutschland aktuell geltenden Gesetze, sowie den Veröffentlichungen der zuständigen Behörden.
Weiterlesen
-
Jedes Jahr werden in Deutschland zwischen 1,0 und 1,4 Milliarden unbezahlte Überstunden geleistet – also Arbeitszeit ohne Entlohnung oder Freizeitausgleich. Auf den einzelnen Arbeitnehmer heruntergerechnet sind das durchschnittlich drei Überstunden pro Monat!
Weiterlesen
-
Nicht immer ist die einseitige Freistellung von Trainern, Sportdirektoren oder Spielern zulässig. Findet sie dennoch statt, stellt sich die Frage nach dem Vergütungsanspruch des Betroffenen.
Weiterlesen
-
Wieviel Urlaub am Stück steht mir zu? Wann verfallen Urlaubsansprüche und was kann ich dagegen tun? Die wichtigsten Neuerungen im Bundesurlaubsgesetz 2019!
Weiterlesen
-
Die Wahrung von Betriebsgeheimnissen erfolgt von zwei Seiten. Zum einen sind Angestellte in der Regel durch eine Verschwiegenheitsklausel gebunden. Aber auch Arbeitgeber sind in der Pflicht, ihre Geschäftsgeheimnisse durch angemessene Maßnahmen zu schützen. Dies wurde kürzlich auch gesetzlich konkretisiert.
Weiterlesen
-
Was bedeutet das Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung im Einzelnen? Kann auch weiterhin eine flexible Arbeitszeit gewährleistet werden und welchen Anforderungen (DSGVO) müssen moderne Zeiterfassungssysteme genügen?
Weiterlesen
-
Die täglich geleistete Arbeitszeit gibt Aufschluss über Überstunden und Mindestlohnvergütung, für deren Nachweis bis dato der Arbeitnehmer verantwortlich war. Das jüngste Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung dürfte dies maßgeblich verändern.
Weiterlesen
-
Im Rahmen des Arbeitskräftemangels kommt es vermehrt dazu, dass der Arbeitgeber von „normaler“ Arbeit umstellt auf Schichtarbeit. Insoweit ist zu erörtern, ob dies durch das Direktionsrecht gedeckt ist.
Weiterlesen
-
Was macht man als Arbeitnehmer also als erstes, wenn man spürt, dass man nicht arbeiten kann? Man informiert seinen Arbeitgeber und zwar vor oder spätestens zum Dienstbeginn. Das ist etwas anderes als die Krankschreibung vom Arzt, nämlich nur die einfache Mitteilung, dass man krank ist und nicht zur Arbeit erscheinen kann.Spätestens am dritten Tag (nicht Werktag) nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit muss eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber eingegangen sein.
Weiterlesen
-
Das Direktionsrecht (Arbeitsort, Arbeitszeit oder Inhalt der Tätigkeit) aus § 106 Gewerbeordnung ermöglicht dem Arbeitgeber nach wie vor, die im Arbeitsvertrag rahmenmäßig umschriebenen Leistungspflichten der Arbeitnehmer im Laufe des Arbeitsverhältnisses einseitig durch Weisungen zu konkretisieren.
Weiterlesen
-
Während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist es dem Arbeitgeber nicht untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen.
Weiterlesen
-
Anspruch auf ein Firmenfahrzeug im Krankheitsfalle, während Mutterschutz oder Elternzeit?
Weiterlesen
-
Freiwilligkeitsvorbehalt: Sind Sie sicher, dass Ihr Urlaubsgeld sicher ist?
Weiterlesen
-
Aufhebung eines Wettbewerbsverbots durch allgemeine Ausgleichsklauseln.
Weiterlesen
-
Wegen der Geburt eines zweiten Kindes vorzeitig beendete Elternzeit kann später nachgeholt werden.
Weiterlesen
-
Die hartnäckige Verletzung der Pflicht zur Anzeige der Arbeitsunfähigkeit kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
Weiterlesen
-
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsrecht soll die Benachteiligung und Diskriminierung von Arbeitnehmern verhindern.
Weiterlesen
-
Einsatz von Praktikanten – auch über mehrere Jahre?!
Weiterlesen
-
Ist der Arbeitsplatz öffentlich zugänglich wie in einer Bäckerei oder in einem Supermarkt findet das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Anwendung.
Weiterlesen
-
-
Die Pflicht des Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer vor Mobbing zu schützen und das Mobben selber zu unterlassen, ergibt sich aus seiner Fürsorgepflicht.
Weiterlesen
-
Prozesskostenhilfe muss auch für Mehrvergleich bezahlt werden - ein Callcenter-Mitarbeiter gewinnt gegen die Hamburger Arbeitsgerichte.
Weiterlesen
-
Wirksam ist eine Abmahnung nur dann, wenn aus ihr eindeutig die sogenannte Rügefunktion erkennbar ist.
Weiterlesen
-
Mobbing und Bossing durch Kollegen beziehungsweise Vorgesetzte: Die Opfer können sich erfolgreich wehren.
Weiterlesen
-
Das System des BAT: Altersdiskriminierung durch höhere Vergütung bei höherem Lebensalter.
Weiterlesen
-
Schnell in Rente - trotz weniger Geld. Immer mehr Arbeitnehmer gehen in Frührente.
Weiterlesen
-
Das Arbeiten am Arbeitsplatz unterliegt den Ergonomie-Richtlinien der EU.
Weiterlesen
-
-
Verspätet am Arbeitsplatz durch Bahnstreik - das Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer.
Weiterlesen
-
Nach Langzeiterkrankung zurück in den Job? Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) erleichtert die ersten Schritte.
Weiterlesen
-
Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei privater Internetnutzung am Arbeitsplatz.
Weiterlesen
-
-
Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitgeber meinen, eine Nebentätigkeit des Arbeitnehmers verbieten zu dürfen oder von ihrer Erlaubnis abhängig zu machen.
Weiterlesen
-
Inhalt und Umfang des Weisungsrechts - der Arbeitsvertrag bestimmt, welche Arbeitsleistung der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen kann.
Weiterlesen
-
Die gesetzlichen Grundlagen für eine Ausbildung sind im Berufsbildungsgesetz (BBiG) festgelegt.
Weiterlesen
-
Der so genannte Bereitschaftsdienst ist ein in der Öffentlichkeit immer wieder und viel diskutierter Begriff.
Weiterlesen
-
Die Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland ist für viele Unternehmen aufgrund der fortschreitenden Globalisierung alltäglich geworden.
Weiterlesen
-
Die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern in Deutschland.
Weiterlesen
-
Der neue § 32 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) - Datenschutz im Arbeitsrecht: Viel Lärm um nichts?
Weiterlesen
-
Das Abwerben von hoch qualifizierten Mitarbeitern durch Headhunter findet auch in wirtschaftlich schweren Zeiten statt.
Weiterlesen
-
Anspruch des Mobbingopfers auf Schadenersatz gegen den Arbeitgeber.
Weiterlesen