Schmiergeldverbot
Verstoß gegen das Schmiergeldverbot - Die Annahme von Eintrittskarten für ein Fußballspiel kann eine Kündigung rechtfertigen.
Nimmt ein Arbeitnehmer von einem für den Arbeitgeber tätigen Dienstleister ein teures Geschenk an, so kann dies eine Kündigung rechtfertigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer mit der Annahme des Geschenks den Eindruck erweckt, er sei käuflich. Hierin liegt unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung kommt, ein Verstoß gegen das so genannte Schmiergeldverbot.
Ein Arbeitnehmer war seit 1991 als Personalleiter beschäftigt. Zu seinen Tätigkeiten gehörte unter anderem die Vergabe von Aufträgen an Personalvermittlungen. Von einer Personalvermittlung, zu der Vertragsbeziehungen bestanden, wurde ihm eine VIP-Eintrittskarte für ein Bundesliga-Fußballspiel im Wert von mindestens 100 Euro geschenkt.
Der Personalleiter behielt die Karte, ohne nachzufragen, ob er dieses Geschenk annehmen dürfe.
Als sein Arbeitgeber hiervon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis wegen Verstoßes gegen das Schmiergeldverbot fristlos und hilfsweise mit ordentlicher Kündigungsfrist. Darüber hinaus begründete der Arbeitgeber die Kündigung auch mit zahlreichen, privaten Telefonaten, die der Arbeitnehmer entgegen einem ausdrücklichen Verbot geführt habe.
Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage und machte geltend, die Beklagte hätte ihn vor Ausspruch einer Kündigung zunächst abmahnen müssen. Er habe nicht gewusst, dass das Verbot, Privattelefonate zu führen, auch für leitende Angestellte gegolten habe. Außerdem sei die Annahme von Werbegeschenken im Unternehmen üblich gewesen und stets von der Beklagten geduldet worden.
Das zuständige Arbeitsgericht stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch eine ordentliche Kündigung beendet worden ist.
Die hiergegen gerichtete Berufung des Personalleiters hatte keinen Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Berufungsgericht aus, dass die Kündigung der Beklagten als ordentliche Kündigung wirksam ist.
Der Arbeitnehmer hat in zweifacher Hinsicht gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen. Die Pflichtverletzungen ergeben sich zum einen daraus, dass er private Telefonate geführt hat obwohl er damit gegen eine ausdrückliche, betriebliche Anweisung verstieß.
Zum anderen hat er von einem Unternehmen, mit dem sein Arbeitgeber zusammenarbeitete, ein Geschenk von erheblichem Wert entgegen genommen.
Es ist anerkannt, dass eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer unerlaubt und heimlich Privattelefonate auf Kosten des Arbeitgebers führt. Je nach Umfang der geführten Telefonate und unter Berücksichtigung des einzelnen Falles können derartige Telefonate auch als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommen. Bei der Firma, von der der Arbeitnehmer die Eintrittskarte erhalten hat, handelt es sich um ein Personalvermittlungsunternehmen, mit welchem der Arbeitgeber zusammenarbeitet. Als Personalleiter führte der Arbeitnehmer bei Bedarf an Leiharbeitnehmern die Verhandlungen mit den Personaldienstleistern. Er hatte somit maßgeblichen Einfluss darauf, welches Unternehmen bei der Vergabe von Leiharbeitsaufträgen zum Zuge kommt.
Wer als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben Vorteile entgegennimmt, verstößt gegen das so genannte Schmiergeldverbot und handelt den Interessen des Arbeitgebers zuwider. Dabei ist unerheblich, ob die Vorteile das Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich beeinflussen. Hierin liegt regelmäßig ein Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Es genügt, dass der gewährte Vorteil allgemein die Gefahr begründet, der Annehmende werde nicht mehr allein die Interessen seines Arbeitgebers wahrnehmen.
Die Richter stellten fest, dass die Eintrittskarte einen nicht nur geringen Wert, sondern einen erheblichen, geldwerten Vorteil darstellte.
Dem Arbeitnehmer musste bewusst sein, dass das Unternehmen, von welchem er die Karte erhielt, dies aus einem eigenen Interesse im Hinblick auf die weitere Zusammenarbeit mit der Beklagten vornahm. Das Geschenk war auch objektiv dazu geeignet, ein Wohlwollen des Empfängers gegenüber dem schenkenden Unternehmen zu begründen oder zu verstärken.
Diese Pflichtverletzung rechtfertigt – zusammen mit den Verstößen gegen das Verbot von Privattelefonaten – auch ohne Abmahnung eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Ein Verstoß gegen das Schmiergeldverbot kann zwar auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Im vorliegenden Fall fiel jedoch die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitsnehmers aus. Aufgrund seiner langen Betriebszugehörigkeit und dem Umstand, dass es zuvor keine nennenswerten Beanstandungen gegeben hat, war es dem Arbeitgeber zumutbar, den Personalleiter bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
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