Kündigungsschutzprozeß
Kündigungsschutzprozesse – lange Verfahren mit ungewissen Folgen für den Arbeitgeber.
Kündigt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, gleich aus welchem Grund, wird die ausgesprochene Kündigung in den meisten Fällen Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Nach jahrelangem Streit durch den gesamten arbeitsrechtlichen Instanzenzug kann es passieren, dass die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Arbeitgeberkündigung festgestellt wird. In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges das Recht, seine Vergütung aus der Vergangenheit, die der Arbeitgeber während des langjährigen Kündigungsschutzprozesses nicht gezahlt hat, nachzufordern, ohne zur Nacharbeit verpflichtet zu sein. Der Arbeitgeber ist also verpflichtet, womöglich mehrere Jahresgehälter des Arbeitnehmers inklusive Arbeitgeberanteilen sowie weitere Schäden des Arbeitnehmers, z. B. den Steuerschaden, zu bezahlen. Nachfolgend werden einige Möglichkeiten geschildert, wie das finanzielle Risiko des Arbeitgebers gemildert werden kann.
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Abfindung statt Streit
Auch wenn es viele Arbeitgeber nicht gerne hören: Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es in fast allen Fällen sinnvoll, den anhängigen Kündigungsschutzprozess durch eine Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer mit einhergehender einvernehmlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erledigen. Vergleicht man das finanzielle Risiko des Arbeitgebers wegen Annahmeverzugs, das mehrere Jahresgehälter betragen kann, mit einer Abfindungs-zahlung nach der Faustformel der Arbeitsgerichte, so muss festgestellt werden, dass es in den meisten Fällen - wirtschaftlich gesehen - sinnvoller ist, eine Abfindung zu zahlen und sich Rechtssicherheit zu erkaufen.
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Ausschluss des Annahmeverzuges im Arbeitsvertrag
Ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar, so besteht die Möglichkeit, im zugrundeliegenden Arbeitsvertrag zu vereinbaren, dass - auch zum Nachteil des Arbeitnehmers - Zahlungen des Arbeitgebers unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges ausgeschlossen werden.
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Anrechnung von tatsächlichem Zwischenverdienst
Hat der Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses Einkünfte erzielt, wird dieser Zwischenverdienst natürlich auf den vom Arbeitgeber geschuldeten Verzugslohn angerechnet. Der Arbeitnehmer soll nicht besser gestellt werden, als wenn er normal gearbeitet hätte. Allerdings trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Zwischenverdienstes. Aus diesem Grunde hat die Rechtsprechung den Grundsatz aufgestellt, dass der Arbeitgeber einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer hat. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber das Recht, den Arbeitnehmer zur Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung hinsichtlich der Vollständigkeit und der Richtigkeit seiner Angaben über den Zwischenverdienst zu zwingen. Kommt der Arbeitnehmer diesem Auskunftsanspruch nicht nach, kann der Arbeitgeber sein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen und die Zahlung des Verzugslohnes ablehnen.
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Anrechnung hypothetischen Verdienstes
Auf den Verzugslohn wird nicht nur der tatsächlich verdiente Zwischenverdienst des Arbeitnehmers angerechnet, sondern auch der hypothetische Verdienst. Dies bedeutet, dass auch der Zwischenverdienst angerechnet wird, den der Arbeitnehmer zu erwerben böswillig unterlässt. Da ein Arbeitnehmer seit dem 01.07.2003 verpflichtet ist, sich unverzüglich arbeitslos zu melden, wird in einer Mindermeinung vertreten, dass der Arbeitnehmer böswillig den Zwischenverdienst unterlässt, wenn er sich nicht arbeitslos meldet. Zwar vertritt das Bundesarbeitsgericht eine andere Meinung, jedoch bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, sich auch auf diese Meinung zu stützen.
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Zwischenarbeitsverhältnis
Eine weitere Möglichkeit des Arbeitgebers, das Kostenrisiko zu minimieren, besteht darin, den Arbeitnehmer während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses weiter zu beschäftigen. Es handelt sich in der Regel um ein befristetes Arbeitsverhältnis. Der Vorteil aus Arbeitgebersicht ist darin zu sehen, dass der Arbeitnehmer seiner Arbeit nachgeht und eine Gegenleistung für den im Zweifelsfall ohnehin nachzuzahlenden Lohn während des Kündigungsschutzprozesses erbringt. Der Arbeitgeber sollte bei diesem Zwischenarbeitsverhältnis jedoch die Formvorschriften des TzBfG beachten. Lehnt der Arbeitnehmer ein derartiges Zwischenarbeitsverhältnis ab, kann sich der Arbeitgeber auf den Standpunkt stellen, dass der Arbeitnehmer böswillig Zwischenverdienst unterlassen hat und diesen hypothetischen Zwischenverdienst wiederum auf den Verzugslohn anrechnen.
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Leistungswilligkeit / Bereitschaft des Arbeitnehmers
Ein Arbeitnehmer hat nur dann Anspruch auf Verzugslohn, wenn er während der Zeit des Kündigungsschutzprozesses überhaupt in der Lage bzw. bereit war, seine Arbeitleistung zu erbringen. Würde ein Arbeitnehmer diesen Zeitraum dazu nutzen, eine Weltreise zu machen oder eine Haftstrafe anzutreten, könnte dies dem Arbeitnehmer entgegen gehalten werden.
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Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers
In seltenen Ausnahmefällen ist es dem Arbeitgeber unzumutbar, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzunehmen, obwohl eine zuvor ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Der Arbeitgeber sollte auf jeden Fall überprüfen, ob ein Fall der Unzumutbarkeit gegeben ist.
In den meisten Fällen kann der Arbeitgeber das Risiko des Annahmeverzuges nicht wirksam verhindern.
Er hat jedoch einige Gestaltungsmöglichkeiten, das Risiko, rückständigen Lohn zahlen zu müssen, ohne eine Gegenleistung dafür zu erhalten, zu minimieren. In jedem Einzelfall muss die Sach- und Rechtslage genau überprüft werden, um die richtigen Gestaltungsmöglichkeiten ausnutzen zu können.
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